Die Präsidenten Putin und Lukaschenko bei einem Treffen in Sotschi am 14. September.

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Minsk – Die EU erkennt Alexander Lukaschenko nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl in Belarus nicht als Staatschef an. "Wir halten die Wahlen vom 9. August für gefälscht, und wir erkennen Lukaschenko nicht als legitimen Präsidenten von Belarus an", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Dienstag im Brüsseler EU-Parlament.

Gegen eine "große Zahl" der Verantwortlichen für die Gewalt und die Wahlfälschung in Belarus würden derzeit Sanktionen vorbereitet. Seit der Wahl gibt es in Belarus heftige Proteste gegen den seit 26 Jahren mit eiserner Hand regierenden Präsidenten. Dieser hat jedoch mehrfach deutlich gemacht, dass er nicht an einen freiwilligen Rücktritt denkt. Die Sicherheitskräfte gehen mit großer Härte gegen die Protestierenden vor.

Zypern blockierte Sanktionen

Die EU-Staaten wollten sich eigentlich schon vergangene Woche auf Strafmaßnahmen gegen Vertreter der Regierung in Minsk verständigen. Im August hatte es dafür bereits eine grundsätzliche Einigung gegeben. Doch Zypern blockierte den Beschluss, um ebenfalls Sanktionen gegen die Türkei wegen des Streits um Erdgasfunde im östlichen Mittelmeer zu erzwingen.

Die Sanktionen gegen Belarus müssten nun vor dem Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs nächste Woche verabschiedet werden, "wenn wir die europäische Glaubwürdigkeit bewahren wollen", sagte Borrell. "Wir wünschen uns eine Lösung, um die Türkei und Belarus im gleichen Rhythmus zu sanktionieren." Am Montag tagen erneut die EU-Außenminister.

Van der Bellen und Selenskyj rufen Lukaschenko zu Dialog auf

In Wien haben Bundespräsident Alexander Van der Bellen und sein ukrainischer Amtskollege Wolodymyr Selenskyj den weißrussischen Machthaber zum Dialog aufgerufen. Lukaschenko solle "die Menschen hören," sagte Selenskyj.

Zugleich wandte er sich mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin gegen eine Einmischung von außen. Die Ukraine habe von Anfang an gesagt, dass man in Minsk "kein Blutbad zulassen" dürfe. "Es ist uns nicht egal, was da geschieht. Das sind unsere Nachbarn." Man sei in Österreich überzeugt, dass derartige Situationen nur gewaltlos und im Dialog gelöst werden könne, betonte Van der Bellen in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Selenskyj in der Hofburg.

Moskau kündigt Truppenabzug an

Indes hat Russland zugesagt, seine Reservistentruppen von der Grenze zu Belarus abzuziehen. Die nach dem Ausbruch der Massenproteste in der ehemaligen Sowjetrepublik entsandten zusätzlichen Beamten und Nationalgardisten würden wieder abrücken, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag.

Präsident Putin hatte Ende August die Einheiten zur Verstärkung an die Grenze beordert, damit sie im Notfall bei einer Eskalation der Proteste eingreifen könnten. Bei einem Treffen im russischen Sotschi sagte Putin Lukaschenko einen Kredit in Höhe von umgerechnet etwa 1,3 Milliarden Euro zu. Zugleich forderte er, dass die Krise in Belarus intern und ohne ausländische Einmischung auf "ruhige Weise" im Dialog gelöst werden müsse. Die Zusammenarbeit im Bereich Verteidigung werde aber fortgesetzt. Russische Nachrichtenagenturen meldeten zuvor, Moskau entsende Fallschirmjäger für gemeinsame Übungen. (red, APA, 14.9.2020)