Die deutsch-russische Kooperation Icarus zur Tierbeobachtung aus dem All ist nach mehrmaliger Verzögerung mit einem globalen Pilotprojekt gestartet. Das teilte eine Sprecherin am Dienstag mit. Als erstes steht eine Studie zum Zugverhalten von mehreren tausend Amseln und Drosseln in Europa, Russland und Nordamerika an, wie das Max-Planck-Institut in Konstanz erklärte.

Amsel mit Minisender.
Foto: MPI f. Verhaltensbiologie/MacCine

Beobachtungs- und Warnsystem

Dafür wurden die Tiere mit Minisendern ausgerüstet, die ihre Messdaten an eine drei Meter lange Antenne, die an der Außenwand der Raumstation ISS angebracht ist, schicken. Mit Icarus (International Cooperation for Animal Research Using Space) wollen die Wissenschafter beispielsweise mehr über die Wanderrouten von Tieren herausfinden – etwa um Schutzzonen anzupassen oder Epidemien vorzubeugen. Denn Tiere können bei ihren Wanderungen Krankheitserreger verbreiten.

Zudem könnte Icarus als Frühwarnsystem für Naturkatastrophen dienen: Schon länger gibt es Hinweise darauf, dass Tiere sich vor Ereignissen wie schweren Erdbeben auffällig verhalten.

Eine russische Sojus-Kapsel beim Anflug an die ISS. Im Vordergrund ist die stabförmige Icarus-Antenne zu erkennen.
Foto: Roskosmos

Mini-Messgeräte

Die verwendeten Sender wiegen nur vier Gramm und können selbst auf kleinen Tieren wie Singvögeln angebracht werden. Diese Messgeräte im Miniaturformat besitzen verschiedene Sensoren, die fortlaufend Verhaltens- und Gesundheitsdaten der Tiere erfassen. Auch Umweltbedingungen wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder Luftdruck können diese Sender aufzeichnen. Die Daten werden von der Empfangsstation auf der ISS entschlüsselt und an die Bodenstation in Moskau übermittelt. Von dort laufen alle Daten in einer globalen Datenbank für Tierbewegungen.

Im Frühjahr war das Projekt Icarus in eine mehrmonatige Testphase gestartet. Nach der ersten Inbetriebnahme 2019 musste der Testbetrieb zunächst unterbrochen werden, um einen defekten On-Board-Computer auszutauschen. Mit neuem Computer konnte die viermonatige Testphase im Frühjahr/Sommer 2020 fortgesetzt und nun erfolgreich abgeschlossen werden. An Icarus sind unter anderem die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt. (red, APA, 15.9.2020)