Roboter, die auf Basis künstlicher Intelligenz scheinbar selbstständig agieren, irritieren die Menschen. Die Gesellschaft hatte noch nicht genügend Möglichkeiten, den Umgang mit derartigen Systemen zu lernen und Vertrauen zu ihnen zu fassen. Eine besondere Relevanz bekommt dieser Gedanke bei jenen Robotern, die zukünftig unsere Mobilität organisieren sollen – autonomen Fahrzeugen.

Um keine Unfälle zu verursachen, müssen sie nicht nur lernen, der jeweiligen Verkehrssituation entsprechend zu agieren, sondern auch ihre Aktionen zu kommunizieren, sodass sie von den Menschen im Verkehrssystem sofort intuitiv verstanden werden. Keine leichte Aufgabe, bedenkt man, wie häufig Missverständnisse auch in der menschlichen Kommunikation entstehen.

Vertrauen aufbauen

Bestimmte Kommunikationsformen spielen auch jetzt in dem von menschlichen Lenkern geprägten Verkehrssystem eine wichtige Rolle für ein reibungsloses Funktionieren. Hier ein Winken, das in einer unklaren Situation ein Überlassen der Vorfahrt signalisiert, dort ein Nicken, das "Danke, ich habe verstanden" sagt. Im Notfall bleibt noch die Hupe.

Zwischen Autofahrern und Fußgängern ist der Augenkontakt einer der wichtigsten Kommunikationswege. Wer im Angesicht eines herannahenden Fahrzeugs die Straße überqueren will, sieht zum Lenker. Bei Augenkontakt weiß der Fußgänger: Ich wurde gesehen, von diesem Auto droht keine Gefahr. Wie soll man nun eine Kommunikationsarbeit wie diese im autonomen Straßenverkehr gestalten?

Antworten auf diese Frage zu finden gehört zu den Forschungsthemen von Christina Olaverri-Monreal, die den Lehrstuhl für nachhaltige Transportlogistik 4.0 an der Johannes-Kepler-Universität Linz innehat. "Damit andere Verkehrsteilnehmer Vertrauen aufbauen können, muss auch bei einem autonomen Fahrzeug klar sein, ob es sie erkannt hat oder nicht. Aus der Art, wie sich das Auto bewegt oder verhält, muss das hervorgehen. Es braucht also entsprechende Methoden, die diese Interaktion übernehmen", sagt die Professorin, die dieses Thema kürzlich im Fachjournal "Nature Electronics" kommentierte.

Sehen und gesehen werden

Wie könnte man also diese Kommunikation zwischen autonomem Auto und Fußgängern organisieren? Durch eine Ampel auf dem Auto? Reicht vielleicht bereits eine Veränderung der Geschwindigkeit, ein leichtes Abbremsen als Signal an den Fußgänger? Oder soll man die Mensch-Mensch-Kommunikation imitieren und auch dem Auto Augen verpassen? Eine Reihe von Studien hat zu diesem Thema bereits qualitative Daten erhoben.

Christina Olaverri-Monreal will Missverständnisse zwischen Mensch und Auto ausräumen.
Foto: JKU / Carlota Stewart Photography

Auch Olaverri-Monreal und Kollegen haben in vergangenen Untersuchungen Menschen etwa anhand von Zeichnungen und Fotos zu ihren Präferenzen befragt. Die Eleganz der abgebildeten Augen, die sich beim Registrieren eines Fußgängers öffnen, liegt darin, dass sie nicht wie die Ampelfarben ein Kommando wie "Du musst stehen bleiben" oder eine Erlaubnis wie "Du darfst gehen" geben, sondern einfach nur signalisieren: "Du wurdest gesehen." Entsprechend positiv schnitt die "Augenvariante" auch in den Befragungen ab.

"Meinungen zu erheben ist die eine Sache. Die Varianten tatsächlich wissenschaftlich zu testen, ist eine andere", sagt Olaverri-Monreal. Auf die Vorstudie folgten bereits erste Feldversuche, die Probanden in Interaktionssituationen mit selbstfahrenden Autos schickten.

Die Forscher konnten in einer Zone, die von starkem Fußgängeraufkommen geprägt ist, die verschiedensten Reaktionen auf das Herannahen der Fahrzeuge beobachten. Es gab überraschte Reaktionen, Unsicherheit bis hin zu Furcht, aber auch Vertrauen in unterschiedlichen Ausprägungen – bis zu dem Punkt, dass Fußgänger die Reaktionsfähigkeit des Fahrzeugs testeten, indem sie vor die Motorhaube sprangen, wie Olaverri-Monreal in "Nature Electronics" veranschaulicht.

Kontextabhängige Kommunikation

Eine wichtige Erkenntnis ist, dass verschiedene Situationen unterschiedliche Interaktionskonzepte benötigen. "Die Art der Kommunikation hängt vom Kontext ab. Die Fußgänger-Auto-Interaktion in einer Begegnungszone wie der Mariahilfer Straße würde ganz anders aussehen als an einem Zebrastreifen einer stark befahrenen Straße", betont Olaverri-Monreal.

Bei höheren Geschwindigkeiten und größeren Entfernungen sind die Augen vielleicht gar nicht mehr gut wahrnehmbar. Es ist also notwendig, alle diese Interaktionssituationen im Verkehr systematisch zu untersuchen und für jeden Kontext die passende Strategie zu finden.

Autonomes Auto bei der Interaktion per Augenaufschlag.
ITS_JKU

Fahrzeugen könnten in Zukunft also – von Augenaufschlag und Farbspielen am Außenmonitor über demonstrative Geschwindigkeitsanpassungen bis zu Projektionen auf die Straße – ein ganzes Bündel von Kommunikationsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Was noch fehlt, sind Standards, Regulierungen, die für Einheitlichkeit sorgen.

Nachricht auf das Smartphone

Das könnte so weit gehen, dass Fußgänger vom autonomen Auto in der Nähe gezielt eine Nachricht auf das Smartphone bekommen, um über eine potenzielle Gefahr informiert zu werden. Auch eine derartige Lösung haben Olaverri-Monreal und Kollegen in einer Studie beschrieben. Die Kommunikationsvariante trägt dem Phänomen Rechnung, dass immer mehr Menschen ganz in ihr Handy versunken sind und dabei vielleicht auch noch Kopfhörer tragen.

Es gibt längst Unfallbeispiele, die zeigen, dass eine derartige Abschottung gefährlich sein kann. "Wenn die Passanten mit ihren Telefonen beschäftigt sind, müssen wir sie aufwecken", sagt Olaverri-Monreal. Das System würde also in einer potenziellen Gefahrensituation – in der man früher vielleicht gehupt hätte – gezielt eine Nachricht an die gefährdete Person schicken, sodass diese vielleicht im letzten Moment zur Seite springen kann.

"In bestimmten Fällen würde das funktionieren und die Unfallrate verringern", sagt die Wissenschafterin. "Die Umsetzung dieser Variante wäre aber technisch sehr aufwendig." (Alois Pumhösel, 19.9.2020)