Die Ampel leuchtet nun auch orange. Aber das ändert eigentlich nichts für die betroffenen Regionen.

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Am Dienstag schaltete die Corona-Ampel plötzlich in vielen Regionen in Österreich um. Wien und Innsbruck sind orange gefärbt, es liegt also ein "hohes Risiko" vor. Auch Kufstein, Mödling, Neunkirchen, Bludenz sowie Dornbirn wurden orange. Zusätzlich leuchten in Vorarlberg, Tirol, Niederösterreich und der Steiermark gelbe Flecken – dort herrscht seit Dienstag "mittleres Risiko". Und beinahe ganz Oberösterreich wurde bis auf Braunau, Ried und Schärding gelb eingefärbt.

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Frage: Mehrere Regionen in Österreich wurden orange eingefärbt. Was bedeutet das für die betroffenen Gebiete?

Antwort: Vorerst noch nichts. Wegen der bundesweiten Verschärfungen gelten seit Montag bei allen Farben die gleichen Regelungen. Die Maskenpflicht wurde auf alle Bereiche mit Kundenkontakt ausgedehnt, die Teilnehmerzahlen bei Veranstaltungen reduziert, und in der Gastro ist das Sitzen an der Bar verboten.

Frage: Es gibt seit Dienstag aber neue Empfehlungen der Corona-Kommission. Was soll bei Orange geschehen?

Antwort: Regionen, die mit hohem Risiko eingestuft wurden, sollen den Schutz der Pflegeeinrichtungen und der Krankenanstalten intensivieren. In einschlägigen Bereichen sollen die Screeninguntersuchungen erhöht werden, etwa im Bildungsbereich. Auch wird den Regionen die Etablierung von präventiven Maßnahmen an bestimmten Orten wie Märkten empfohlen. Eingeschränkt werden sollen auch Veranstaltungen in Form von geschlossenen Gesellschaften.

Frage: Was passiert mit den Empfehlungen?

Antwort: Das ist noch offen. Die Empfehlungen sind recht vage gehalten, der Interpretationsspielraum ist groß. Manche Empfehlungen sind in bestimmten Regionen auch schon umgesetzt. Wien verweist etwa darauf, dass die Regeln für den Spitals- und Pflegebereich schon lange auf einem strengen Level sind: mit Besuchsbeschränkungen, Maskenpflicht und Corona-Tests. Auch in Innsbruck nehme man die Einfäbrung "zur Kenntnis", es ändere sich allerdings "nicht allzu viel", wie ein Sprecher des Bürgermeisters Georg Willi (Grüne) sagt. Was geschlossene Veranstaltungen betrifft, herrscht Verwirrung: Man würde hier sehr gerne strenger vorgehen, heißt es etwa aus Wien. Doch fehle die gesetzliche Grundlage: In der aktuell gültigen Corona-Lockerungsverordnung sind Sperrstundenregelungen für geschlossene Veranstaltungen explizit ausgenommen.

Frage: Was bedeutet das in der Praxis?

Antwort: In den Bezirken, die von Schaltungen betroffen waren, verbrachten Verantwortliche zum Teil Stunden in Krisensitzungen. In den Ländern und Bezirken herrscht mitunter Unmut über die verwirrende Situation. Der Tenor lautet: Derzeit könne man manche Empfehlungen der Kommission der Bevölkerung oder auch Veranstaltern lediglich weiterempfehlen, weil die rechtliche Grundlage fehle. Etwa in Oberösterreich, wo große Teile gelb eingefärbt wurden, heißt es in einem Statement des Landes zum STANDARD: "Aufgrund fehlender Rechtsgrundlage ergeben sich keine Unterschiede. Es handelt sich lediglich um Empfehlungen und keine bindenden Vorgaben." Im Prinzip sei aber ohnehin schon alles umgesetzt, was bei Gelb empfohlen werde. Niederösterreich wünscht sich "klare und verbindliche Vorgaben". Konkret umsetzen müssen die Maßnahmen die Bezirkshauptmannschaften, auch dort wartet man noch auf Anweisungen. Helgar Wurzer, Bezirkshauptmann vom orangen Dornbirn, sagt zum STANDARD: "Wir bekommen momentan viele Anrufe. Für viele Empfehlungen fehlt die Rechtsgrundlage. Wir können allen nur raten, sich daran zu halten."

Frage: Wie geht's jetzt also weiter?

Antwort: Am Mittwoch treffen sich Vertreter der Bundesregierung mit Vertretern der orangen Regionen. Dann wird vielleicht schon klarer sein, ob einzelne Empfehlungen wieder in bundesweite Verordnungen gegossen werden oder nicht. Diese werden nun auf politischer Ebene beurteilt. Möglichkeiten bei geschlossenen Veranstaltungen würden geprüft, heißt es aus dem Gesundheitsministerium.

Gesundheitsminister Anschober erklärte am Dienstagabend in der "ZIB2", dass bei den morgigen Gesprächen geklärt werden soll, welche Vorgehensweise in den einzelnen Bezirken Sinn mache. Fest stehe, dass man in einigen Regionen beim Kontaktpersonenmanagement schneller werden müsse: "Dazu braucht es mehr Personal." Von der Bundesregierung sollen bundesweite Maßnahmen kommen, denn "wir müssen diese Schlussentscheidungen treffen. Aber natürlich ist es wichtig, dass vor Ort mitdefiniert wird was hilft, die Ausbreitung zu verhindern. Das wollen wir mit dem neuen Covid-Gesetz schaffen. Da soll es mehr Länderkompetenzen geben."

Konkrete Beschlüsse würden allerdings erst am Mittwoch, gemeinsam mit Kanzler Kurz verkündet, sagte Anschober.

Frage: Was ist aus den ursprünglichen Maßnahmen für Ampelfarben geworden?

Antwort: Die Regeln, die bisher bei den einzelnen Farben gegolten haben, sind hinfällig. Bis vor kurzem gab es ja ein aufwendiges Regelwerk für jede einzelne Farbe, da waren etwa bei Grün Veranstaltungen im Innenraum mit bis zu 5.000 Personen erlaubt, ohne Sitzplatz durften 200 rein, bei Orange galt bei Veranstaltungen ohne Fixplätze eine 25- beziehungsweise 50-Personen-Obergrenze. Auch die Maskenpflicht war unterschiedlich geregelt, ebenso die Sperrstunde – die war bei Orange zum Beispiel auf Mitternacht reduziert. All das wurde nun über den Haufen geworfen, die neuen, einheitlichen und verbindlichen Regeln liegen irgendwo zwischen Gelb und Orange und gelten für jede Ampelfarbe.

Frage: Müssen Schüler in orangen Regionen ab sofort wieder von zu Hause aus lernen?

Antwort: Nein, derzeit nicht. Mit Blick auf die eigene Ampel sagt Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP): "Die Schulen bleiben gelb. Und die Unis ebenso." Auch dort, wo ganze Bezirke bereits eine Schattierung dunkler leuchten. Sollte es die Infektionslage vor Ort nicht mehr möglich machen, entscheiden die lokalen Gesundheitsbehörden, ob auf Schichtbetrieb umgestellt wird. Ein flächendeckendes Homeschooling ist laut Faßmann "in unserer Matrix gar nicht vorgesehen". Von der Ampelkommission habe man das Signal "Gelb" bekommen, heißt: Maskenpflicht für alle außerhalb der Klasse, Singen und Sport nur noch im Freien.

Frage: Was bedeutet Orange für das kommende Uni-Semester?

Antwort: Wie gesagt, auch hier blinkt die Ampel ein wenig anders, sprich gelb. Die Hochschulen starten also wie geplant im Dualbetrieb. (Vanessa Gaigg, Oona Kroisleitner, Gabriele Scherndl, Karin Riss, 15.9.2020)