"Schau auf dich, schau auf mich": Das Kanzleramt meldete nun zehnmal mehr Werbebudget als vor einem Jahr.

Foto: pramer, der standard

Das Interesse der Leserinnen und User war so groß wie nie im Frühjahr 2020, geprägt von Covid-19, Pandemie und Lockdown. Doch so gewaltig die Zugriffe, so intensiv die Lektüre: Eine zentrale Säule der Finanzierung von Zeitungen, Magazinen, Newsseiten und Sendern knickte binnen Tagen dramatisch ein – die Werbung.

Geschlossene Geschäfte und Betriebe, hunderttausende ohne Arbeit oder in Kurzarbeit, eine mehr als unsichere wirtschaftliche Zukunft ließen die Konjunktur einbrechen. Werbung zählt in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu den ersten Streichposten. Sie aber ist zugleich Existenzgrundlage von Medien und professionellem Journalismus.

Kanzleramt verzehnfacht

Zunächst 15, dann an die 20 Millionen Euro soll das Budget für die "Schau auf dich, schau auf mich"-Kampagne umfasst haben. Das bestätigen die Dienstag veröffentlichten Daten über öffentliche Werbung im zweiten Quartal 2020 deutlich. Öffentliche Stellen müssen ihre Werbebuchungen über mehr als 5.000 Euro (und mit ein paar anderen Ausnahmen) vierteljährlich der Medienbehörde melden.

Schau genau: "Krone" und Co

Schau auf dich, schau auf mich: Das Kanzleramt meldete nun zehnmal mehr Werbebudget als vor einem Jahr – 6,7 Millionen Euro von April bis Juni gegenüber 670.000 im selben Zeitraum 2019.

Die Hälfte der 6,7 Millionen, der größte Teil aus der Schau-auf-dich-Kampagne in diesem Quartal ging an fünf Medien beziehungsweise Medienunternehmen: fast eine Million an den Reichweitenriesen "Kronen Zeitung" und rund 426.000 an den "Kurier", sie haben mit der Mediaprint einen gemeinsamen Medienkonzern. Rund 936.000 Euro gingen an die TV-Gruppe ProSiebenSat1Puls4. Rund 580.000 Euro an "Österreich" (Mediengruppe Österreich) und 388.000 Euro an "Heute". Der öffentlich-rechtliche ORF schaltete die Spots kostenlos.

Die Werbeausgaben der Ministerien insgesamt haben sich vor allem mit der Babyelefantenkampagne im selben Zeitraum beinahe verdoppelt, von sieben auf fast 13,9 Millionen Euro.

Alle für das Frühjahr 2020 zusammen gemeldeten Buchungen öffentlicher Institutionen, also inklusive Firmen wie ÖBB und Wien Energie, erreichten knapp 59 Millionen Euro. Etwa so viel gaben sie in den Jahren zuvor im werbestärksten letzten Quartal des Jahres aus. Im zweiten Quartal 2019 warben sie für rund 49 Millionen Euro.

Regional-Tourismus steigert

Die regierungsoffizielle Empfehlung für Urlaub in Österreich unterstrichen einige Fremdenverkehrsverbände mit deutlichen Steigerungen ihrer Werbefreude.

Der Salzburger-Land-Tourismus hat seine Buchungen im Frühjahr 2020 gegenüber 2019 versiebenfacht – von rund 213.000 auf gut 1,5 Millionen Euro. Auch die Tirol-Werbung versiebenfachte ihre (geringeren) Budgets, die Österreich-Werbung erhöhte im Quartal um den Faktor sechs, Kärnten hat die Etats vervierfacht.

Die Stadt Wien gibt weiterhin am meisten für Werbung aus:

(Harald Fidler, Philip Pramer, 15.9.2020)