Für die optimale Fruchtfolge für einen Standort gibt es unzählige Einflussgeber.

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Luzerne in den ersten beiden Jahren, Weizen im nächsten, im vierten Mais, dann Ackerbohnen, Gerste, Soja und Dinkel, dazu Zwischenfrüchte, wo immer möglich – so könnte die achtjährige Fruchtfolge eines Biobauern aussehen, der keine konventionellen Dünger einsetzt.

Eines der wichtigsten Kriterien bei der Wahl der optimalen Abfolge der Ackerkulturen ist ihr Stickstoffbedarf. Leguminosen wie Klee, Ackerbohnen oder Soja bringen Bodenbakterien mit, die den Stickstoff der Luft binden, sodass er auch den Folgekulturen zur Verfügung steht.

Möchte man nun eine optimale Fruchtfolge für einen Standort finden, gibt es unzählige Einflussgeber. Die jeweiligen Kulturpflanzen haben verschiedene Ei genschaften, was Nährstoffbedarf, Saat- und Erntezeitpunkt betrifft. Dazu kommt der Zustand des Bodens, seine Anbaugeschichte und Düngebilanz, die geografische und topografische Lage sowie der spezifische Humusaufbau und Nährstoffgehalt.

Wirtschaftliche Gegebenheiten spielen eine wichtige Rolle. Und natürlich ist da der Klimawandel, der Dürren und andere Extremwetterereignisse bringt, gegen die der Acker möglichst resilient sein sollte. Futterleguminosen können hier wichtige Beiträge liefern.

Für die Wahl der besten Fruchtfolge wird heute vor allem jenes – durchaus mächtige – Wissen angezapft, das aus der Erfahrung kommt. Es resultiert aus wissenschaftlichen Versuchen genauso wie aus individuellen Beobachtungen, die vielleicht über Generationen für einen individuellen Standort aufgebaut wurden. Künftig könnte auch die Digitalisierung der Landwirtschaft – Stichwort Smart Farming – zusätzliche Einsichten bringen. Die Frage ist: Kann künstliche In telligenz auch bei der Optimierung der individuellen Fruchtfolge auf den Feldern eines Betriebs helfen?

Anwendung für Biobauern

Antworten sollen im Projekt Artificial Intelligence for planning crop rotations and humus enrichment (AI4CROPR), das von der Förderagentur FFG mit Mitteln des Klimaschutzministeriums unterstützt wird, gefunden werden. Thomas Neubauer vom Institut für Information Systems Engineering der TU Wien möchte gemeinsam mit Jürgen Friedel und Marie-Luise Wohlmuth vom Institut für Ökologischen Landbau der Wiener Boku herausfinden, "ob und in welcher Weise Machine-Learning-Algorithmen in der Fruchtfolgeplanung Einsatz finden können". Das Ziel ist eine Anwendung, die von Bio- und konventionellen Bauern, aber auch in Kommunen und in der landwirtschaftlichen Verwaltung genutzt werden kann.

"Landwirte wählen in dem System, auf welche Kulturen sie sich konzentrieren möchten. Gleichzeitig definieren sie Ziele für Humusaufbau, Nährstoffniveau, wirtschaftlichen Ertrag und vielleicht auch zur CO2-Bilanz", skizziert Neubauer eine mögliche Funktionsweise des Fruchtfolgenwerkzeugs. "Auf dieser Basis soll das System dann mögliche Fruchtfolgenzyklen anführen, mit denen man diese Zielwerte erreichen kann."

Vielfältige Datenquellen

Die Daten, die den Kalkulationen zugrunde liegen, kommen einerseits aus dem Erfahrungsschatz der landwirtschaftlichen Praxis sowie der einschlägigen Forschung, andererseits werden Satellitenaufnahmen, Bodenproben, Klimadaten und Erkenntnisse aus Feldversuchen, die das Projekt begleiten, genutzt.

Dazu werden in einem Testdatensatz etwa 30 bis 40 Kulturpflanzen samt ihren für die Fruchtfolge relevanten Eigenschaften abgebildet. "Eine wichtige Forschungsfrage ist, wie man das umfangreiche Datenmaterial besser formalisieren – also in sinnvollen Zusammenhang setzen – kann, um nachzuvollziehen, welche Parameter sich auf die Fruchtfolge auswirken", sagt Neubauer.

Gerade hier könnte sich das maschinelle Lernen als hilfreich erweisen. Beispielsweise wäre zu überprüfen, ob bestimmte Fruchtfolgen zu höheren Erträgen führen und welche Umweltfaktoren günstig oder einschränkend wirken. Gleichzeitig sollen die Entscheidungen der künstlichen Intelligenz nachvollziehbar bleiben.

Gerade im Angesicht von Klimawandel und häufiger auftretenden Wetterextremen soll das Werkzeug nützlich sein. "Natürlich, wenn der Hagel kommt, hilft das Tool nichts", sagt Neubauer. "Es gibt aber präventive Maßnahmen, die beispielsweise die Folgen von Starkregenereignissen langfristig gesehen abschwächen können."

Der beschleunigten Erosion kann etwa mit Strategien zum Humusaufbau und einer sorgfältigen Wahl der Bodenbedeckungen zu den verschiedenen Jahreszeiten begegnet werden. Neubauer: "Potenzielle Effekte der Klimaveränderung können zu einem gewissen Grad durch eine sinnvolle Fruchtfolgeplanung abgeschwächt werden." (Alois Pumhösel, 16.9.2020)