Die Briten haben für den Austritt aus der EU wirtschaftlich schon einen hohen Preis bezahlt. Bereits seit dem Brexit-Referendum kränkelt die britische Konjunktur. Die Corona-Pandemie verschärft die wirtschaftliche Lage auf der Insel noch einmal deutlich. Großbritannien büßte dieses Jahr im Schnitt fast fünf Prozent des BIP ein, der EU-Durchschnitt liegt bei zwei Prozent.

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson.
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Vor diesem Hintergrund sollte man denken, dass es Großbritanniens Premierminister Boris Johnson ein zentrales Anliegen ist, zumindest die zukünftigen Beziehungen mit der Europäischen Union so wirtschaftsschonend wie möglich zu gestalten. Falsch gedacht.

Dass er nun dem Parlament ein Binnenmarktgesetz vorlegt, das die vereinbarten Sonderregeln für das britische Nordirland aushebelt, und damit einen Rechtsbruch begeht, kann mehrere Gründe haben. Entweder er ist ein Zocker, der versucht, über diesen Weg Verbesserungen von der EU zum Beispiel beim Thema Fischerei oder bei den Staatshilfen zu erpressen. Oder aber er will seiner Wählerbasis und den rechten Tories gefallen, die nach wie vor das Motto "Die Kontrolle zurückgewinnen" hochhalten. Dass er damit einen No-Deal-Schock riskiert, nimmt er anscheinend billigend in Kauf. Der Preis eines solchen könnte bequem hinter den Kosten der Corona-Pandemie versteckt werden, könnte sein Kalkül lauten. Ein Spiel mit hohen Einsätzen, ein Spiel mit dem Feuer. (Manuela Honsig-Erlenburg, 15.9.2020)