Der Covid-19-Antigentest: Das Ergebnis ist binnen 15 Minuten verfügbar. In Wien startet aktuell ein Schnelltest-Pilotprojekt im Austria-Center in Kooperation mit der WU Wien.

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Warten ist in Zeiten einer Pandemie eine schreckliche Sache. Doch genau das müssen gerade sehr viele Menschen, die den Verdacht haben, sich mit Sars-CoV-2 infiziert zu haben. Die beste Testmöglichkeit ist der PCR-Test. Er erwischt den Virus in flagranti, weil er die RNA des Erregers, der sich im Rachen vermehrt, nachweisen kann. Der Nachteil dieser Methode: Der Nasenabstrich ist nur ein Teil einer recht komplizierten Logistik.

Für den Virusnachweis braucht es Personen, die den Nasenabstrich samt Aufnahme der Personalien durchführen und ihn dann in ein Labor bringen, wo er ausgewertet wird. Dann muss das Ergebnis nicht nur den Gesundheitsbehörden, sondern auch den Getesteten kommuniziert werden. Je mehr Verdachtsfälle, umso geforderter ist das System – die vielen Beschwerden von Menschen, die mit dem PCR-Verfahren getestet werden, spricht für sich.

Eine mögliche Lösung wären also Tests, die schneller zum Ergebnis kommen und bei denen man sich die Logistikkette erspart. Dieser Tage kommen die ersten sogenannten Antigentests auf den Markt. Das sind Tests, die so wie PCR auch das aktive Virus nachweisen, allerdings auf Basis einer anderen Technologie. Vom Rachenabstrich mit einem Wattestäbchen bis zum Testergebnis dauert es gerade einmal 15 bis 30 Minuten. "Der neue Sars-CoV-2-Antigen-Schnelltest weist Proteine des Sars-CoV-2-Virus nach und kann ortsunabhängig ohne ein Labor von medizinischem Fachpersonal eingesetzt werden", erklärt Uta-Maria Ohndorf, Geschäftsführerin von Roche Diagnostics, deren Antigentest Ende September auf den Markt kommen wird.

Kein Selbsttest

Schön wäre, wenn dieser Antigennachweis also nach dem Prinzip eines Schwangerschaftstests funktionieren würde. Das tut er jedoch nicht. Antigentests sehen zwar ein bisschen so aus, als könnte jeder das selbst machen – also das Wattestäbchen mit dem Virus aus der Nase in Röhrchen, gefüllt mit einer Pufferlösung, tauchen, um dann nach 30 Minuten abzulesen, ob er positiv oder negativ ist –, doch leider braucht man schon allein für den Abstrich medizinisch geschultes Personal. Und weil es sich um eine ansteckende Krankheit und eine grassierende Pandemie handelt, müssen auch die Gesundheitsbehörden verständigt werden – allein schon, um etwa das Contact-Tracing weiter voranzutreiben und den Überblick über das Pandemiegeschehen behalten zu können. Würde der Antigentest von Privatpersonen durchgeführt werden, könnte man das allerdings nicht garantieren.

Wie sich der Antigentest von der PCR-Kontrolle unterscheidet? Während bei der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) Bestandteile des Erbguts detektiert werden, sucht man bei Antigentests nach Proteinen, die für Sars-CoV-2 typisch sind. Diesen Test zu entwickeln hat eine Zeitlang gedauert. Die Hersteller müssen erst einmal den Nachweis bringen, dass die Ergebnisse solcher Tests, die ja an tausenden Menschen angewendet werden, tatsächlich verlässlich sind. Dafür gibt es zwei Parameter: zum einen die Sensitivität, zum anderen die Spezifität (siehe Infokasten). Der neue Antigentest für Sars-CoV-2 hat eine Sensitivität von 96,52 Prozent und eine Spezifität von 99,68 Prozent, basierend auf 426 Proben aus zwei unabhängigen Studienzentren.

Kein Ersatz für PCR-Tests

Gedacht ist der neue Antigentest zum Einsatz bei Verdachtsfällen, auch dann, wenn beispielsweise keinerlei Symptome für eine Infektion vorliegen, es sich also um einen asymptomatischen Infektionsverlauf handelt. Vor allem bei jüngeren Menschen dürfte das – zeigen auch die aktuellen Zahlen – viel öfter als vermutet der Fall sein. Das Immunsystem dieser asymptomatisch Infizierten dürfte auch ohne Husten und Fieber Antikörper gegen Sars-CoV-2 entwickeln. Die Sorge der Mediziner besteht darin, dass solche Infizierten trotzdem das Virus an andere Personen weitergeben könnten, eine schnelle und unkomplizierte Testung wäre deshalb ein wichtiger Baustein zur Klärung solcher potenziellen Verdachtsfälle. Es heißt auch nicht, dass die neuen Antigentests die etablierten PCR-Verfahren ersetzen, denn sie sind eben nur ein weiterer Baustein der Pandemie-Kontrolle.

Roche Diagnostics ist bei der Entwicklung dieser Tests nicht allein. Ein anderer Anbieter ist Nal von Minden, deren Antigentest aktuell im Austria-Center an 3.000 WU-Studierenden überprüft wird, die dorthin zur Einführungsvorlesung kommen. Ein Pilotprojekt. Zukünftig könnten Großveranstaltungen mit dieser Art von Sicherheitsvorkehrung über die Bühne gehen, hoffen Kongressveranstalter. Nals Covid-19-Schnelltests weisen eine diagnostische Sensitivität von mehr als 90 Prozent und eine diagnostische Spezifität von 99 Prozent für den Nachweis auf.

Wesentlich kleiner ist die Herausforderung, solche Antigentests auch mengenmäßig zur Verfügung stellen zu können. Roche Diagnostics will Ende September 40 Millionen Stück zur Auslieferung bereit haben, die ab Oktober dann weltweit verteilt werden können. Es ist zu erwarten, dass Antigentests also in Apotheken, Arztpraxen und anderen medizinischen Einrichtungen als zusätzliche Tools zum Einsatz kommen.

Drei Technologien, ein Ergebnis

Zu den PCR- und Antigentests sind Antikörpertests eine dritte Variante der Testung. Im Gegensatz zu den ersten beiden Verfahren zeigt letzteres, ob der Organismus das Virus schon überwunden hat, also Antikörper gegen Sars-CoV-2 im Blut schwimmen, die vor einer erneuten Infektion schützen.

Was Roche in den nächsten Monaten noch präsentieren wird, ist zudem ein Kombinationstest, mit dem sich nicht nur das Sars-CoV-2, sondern auch die Influenza nachweisen lässt. Das wird jedoch wieder ein Test werden, der die etablierten Laborstrukturen braucht – denn die Influenza-Saison hat ja gerade erst begonnen. (Karin Pollack, Julia Palmai, 17.9.2020)