Das MAN-Werk in Steyr.

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Steyr – Der Vorstand des deutschen Lastwagenbauers MAN hat die "Komplettschließung des Werks in Steyr bis Ende 2023 vorgesehen", bestätigte Arbeiter-Betriebsratschef Erich Schwarz am Mittwoch der Belegschaft. Dies sei für die 2.300 Beschäftigten "ein Schlag ins Gesicht". Laut Management sollen große Teile des Werks Trucks & Bus in Steyr nach Polen und in die Türkei verlegt werden.

Über eine im Vertrag enthaltene Wirtschaftlichkeitsklausel wolle laut Schwarz der MAN-Konzern die bis 2030 geltenden Standort- und Beschäftigungssicherungsverträge für Steyr aufkündigen.

Zentralbetriebsrat plant Gegenstrategie

Kommende Woche beginnen in der MAN-Zentrale in München die Beratungen des Zentralbetriebsrates über eine Gegenstrategie, bevor dann mit dem Management über das Maßnahmenpaket verhandelt wird.

Die beabsichtigte Werksschließung in Steyr gehört zu einem Mega-Sparprogramm, das den Abbau von insgesamt 9.500 Stellen vorsieht. Anhand der Detailpläne, die Schwarz nun vorliegen, sei aber auch weltweit die Schließung von knapp 50 Service-Niederlassungen für Lkws vorgesehen. Dies hieße, zusätzlich zu den 9.500 Beschäftigten würden noch 1.300 weitere ihren Arbeitsplatz verlieren.

Auftragssituation in Steyr unverändert

Vor allem will Schwarz als Erstes eine "Kostenwahrheit über die einzelnen Standorte" vom Vorstand für die Aufsichtsratssitzung. In Steyr sei die Auftragssituation nämlich unverändert. Trotz Corona habe man heuer denselben Auftragsbestand mit knapp 20.000 Stückzahlen pro Jahr, meinte er. Zudem seien zuletzt noch 60 Millionen Euro in eine neue Lackiererei – die größte Lackieranlage Europas für Lkw-Kunststoffanbauteile – investiert worden.

Die Entwicklung und Produktion von Nutzfahrzeugen in Steyr hat eine mehr als 100-jährige Tradition. Das Werk in Steyr wurde 1914 fertiggestellt, 1919 begann die Lkw-Produktion, 1999 übernahmen die Oberösterreicher die gesamte Lastwagenfertigung der leichten und mittleren Baureihe von MAN. Das sind Fahrzeuge mit zwei oder drei Achsen, auch mit Allradantrieb ausgestattet, mit 150 bis 340 PS und einem Gesamtgewicht zwischen 7,5 bis 26 Tonnen.

Darüber hinaus werden in Steyr auch Sonderfahrzeuge sowie Komponenten für den Produktionsverbund des Konzerns gebaut, beispielsweise Fahrerhäuser. Auch Forschung und Entwicklung wird an diesem Standort betrieben. Zuletzt gab es zudem eine Kleinserie von E-Trucks. (APA, 16.9.2020)