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Daten zu Quarantäne: 44 bis 96 Prozent der Fälle und 31 bis 76 Prozent der Todesfälle können so vermieden werden.

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Beim Management der Corona-Pandemie werden viele Maßnahmen gesetzt, und oft ist nicht klar, wie wirksam sie eigentlich sind. Die Aufgabe von evidenzbasierter Medizin ist, mit Daten zu untermauern, welche Maßnahmen Sinn machen.

Die Donau-Universität Krems ist ein Zentrum für diese Art der medizinischen Datenauswertung. In Kooperation mit anderen Forschungsinstituten ist man zu einer Reihe von neuen Erkenntnissen gekommen.

Untersucht wurden die Daten, die die Wirksamkeit verschiedener Reihenuntersuchungen bei der Eindämmung der Infektion einschätzen. Zur Erklärung: Damit könnten Identifizierte, die keine Symptome zeigen, aber trotzdem ansteckend sind, identifiziert werden.

Erfahrung von Grenzübergängen

Die verschiedenen Screening-Strategien umfassten die Messung der Körpertemperatur, Fragen nach Symptomen, internationaler Reisetätigkeit oder Kontakten mit erkrankten Personen, auch Screenings mit verschiedenen Labortests wurden evaluiert.

Das Ergebnis einer mathematischen Modellierung zeigte, dass wöchentliches Screening von Gesundheitspersonal in Krankenanstalten mittels PCR-Tests die Übertragung von Sars-CoV-2 auf Patientinnen und Patienten oder Gesundheitspersonal reduzieren kann.

Beobachtungsstudien mit Daten von mehreren tausend Personen zeigten, dass einmalige Screening-Maßnahmen wie das Messen der Körpertemperatur oder Fragen nach Symptomen ungeeignet sind, um eine Ausbreitung von Sars-CoV-2 zu verhindern. Einmaliges Messen der Körpertemperatur, wie es an Grenzübergängen praktiziert wird, übersieht 80 bis 100 Prozent aller infizierten Personen. Es konnten keine Studien gefunden werden, die PCR-Screening außerhalb von Krankenanstalten untersuchten.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Verwendung von Gesundheitspersonal, um Körpertemperatur zu messen, kein sinnvoller Einsatz von Ressourcen ist, um Sars-CoV-2-Infektionen zu vermeiden. Es wäre sinnvoller, dieses Personal für Contact-Tracing oder die raschere Durchführung von PCR-Screening-Tests bei Personen, die mit Sars-CoV-2-Infizierten Kontakt hatten, einzusetzen", so Koautor Gerald Gartlehner, Leiter des Departments für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation an der Donau-Uni Krems.

Isoliert bleiben

Der zweite Cochrane-Review wurde am Department für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation im Auftrag der WHO und in Kooperation mit der Umit-Privatuniversität durchgeführt. Dieser zeigt, dass Quarantäne von Personen, die Kontakt mit Infizierten oder Verdachtsfällen hatten, wichtig ist, um die Ausbreitung zu vermindern. Die Modellierungen schätzen, dass durch Quarantäne 44 bis 96 Prozent der Fälle und 31 bis 76 Prozent der Todesfälle vermieden werden könnten, je nach verwendeten Modellparametern.

"Die aktuelle Evidenz zu Quarantänemaßnahmen hat nicht die Aussagekraft, die wir uns wünschen würden. Doch die Ergebnisse aller Studien weisen konsistent auf einen günstigen Effekt von Quarantäne, vor allem im Verbund mit anderen Maßnahmen, hin", sagt die Erstautorin Barbara Nussbaumer-Streit, Leiterin des Zentrums Cochrane Österreich an der Donau-Universität Krems.

Die jetzige Evidenz lasse jedoch keine Schlüsse darauf zu, welche Kombination von Maßnahmen die beste Wirkung erzielt. "Um ein bestmögliches Gleichgewicht der Maßnahmen zu gewährleisten, müssen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger daher den Ausbruch und die Auswirkungen der umgesetzten Maßnahmen ständig überwachen und begleitend wissenschaftlich evaluieren", so Nussbaumer-Streit. (red, 17.9.2020)