Fed-Chef Jerome Powell rechnet nicht damit, dass die Krise rasch überwunden werden kann.
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Washington – Trotz der anhaltenden Corona-Krise hat die US-Notenbank Federal Reserve ihre Konjunkturprognose deutlich angehoben. Zudem will sie ihren Leitzins voraussichtlich bis Ende 2023 nahe bei null belassen, wie die Zentralbank am Mittwoch mitteilte.

Zentralbankchef Jerome Powell erklärte, die Wirtschaft erhole sich schneller von der Krise als noch im Juni gedacht. Eine vollständige Erholung sei aber unwahrscheinlich, bis die Pandemie unter Kontrolle gebracht sei. Die Zentralbank seit weiter entschlossen, ihre "volle Bandbreite an Werkzeugen" einzusetzen, um die Folgen der Krise abzufedern.

Unsichere Entwicklung

Die weitere Konjunkturentwicklung der weltgrößten Volkswirtschaft sei wegen der Pandemie aber sehr unsicher, schränkte Powell ein. Der Geldmarktausschuss beließ den Leitzins daher in der Spanne von 0 bis 0,25 Prozent. Die Fed geht nun davon aus, dieses Zinsniveau beizubehalten, bis die Ziele der Vollbeschäftigung und einer Inflationsrate von bis zu oder gut zwei Prozent erreicht seien.

Die Fed hob ihre Konjunkturprognosen aber deutlich an. Für 2020 erwartet sie nun ein Schrumpfen der Wirtschaft um 3,7 Prozent. Im Juni war noch ein Einbruch von 6,5 Prozent befürchtet worden. Auch die Prognose für die Arbeitslosenquote ist nun optimistischer. Sie soll bis Jahresende auf 7,6 Prozent fallen, nach einer Prognose von 9,3 Prozent im Juni. Bis Ende 2021 erwartet die Fed demnach eine Arbeitslosenquote von 5,5 Prozent. Auch das wäre noch deutlich höher als vor der Zuspitzung der Pandemie. Im Februar hatte die Quote noch bei sehr niedrigen 3,5 Prozent gelegen.

Langsame Erholung

Powell erklärte, die gegenwärtige Krise sei die schwerste Rezession der jüngeren Geschichte und könne nicht rasch überwunden werden. Um eine völlige Erholung zu erreichen, sei nicht nur die Geldpolitik, sondern auch die Fiskalpolitik gefragt, sagte Powell mit Blick auf das Handeln von Regierung und Kongress. "Mein Gefühl ist, dass es noch mehr fiskalische Unterstützung brauchen wird", so Powell. Die bisherigen Konjunkturpakete seien für die Stabilisierung der Wirtschaft inmitten der Krise entscheidend gewesen.

Die Verhandlungen über ein weiteres Konjunkturpaket zwischen Parlament und Regierung stecken allerdings seit Wochen in einer Sackgasse. Präsident Donald Trumps Republikaner wollen nur ein begrenztes Konjunkturpaket in Höhe von einigen hundert Milliarden Dollar, den Demokraten schwebte zuletzt ein Kompromisspaket von 1,5 bis zwei Billionen Dollar (842 Milliarden bis 1,7 Billionen Euro) vor. Kongress und Regierung haben seit Beginn der Krise bereits Konjunkturpakete in Höhe von fast drei Billionen Dollar beschlossen, was mehr als zehn Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung entspricht.

Sinkende Arbeitslosigkeit

Die Pandemie bremst die US-Konjunktur weiterhin aus. Die Arbeitslosenquote war im August zwar wieder auf 8,4 Prozent gefallen, aber rund 30 Millionen Menschen beziehen derzeit noch eine Form von Arbeitslosenhilfe.

Trump, der sich im November um eine zweite Amtszeit bewirbt, rechnet mit einer sehr raschen wirtschaftlichen Erholung bis zum Jahresende. Die Prognosen der meisten Analysten sind allerdings zurückhaltender.

Wegen der Pandemie hat die Fed seit Februar bereits ihren Leitzins gesenkt, Anleihenkäufe vervielfacht und weitreichende Kreditprogramme aufgelegt, um die Finanzmärkte und die Realwirtschaft zu stabilisieren. Experten zufolge sind die Krisenmaßnahmen der Fed bereits umfassender als jene nach der globalen Finanzkrise 2008/09. (APA, red, 17.9.2020)