Welches ist das richtige Kabel? Eine Frage, die gar nicht so einfach zu beantworten ist.

Foto: Proschofsky / STANDARD

Als das USB Implementer Forum (USB-IF) im Jahr 2014 erstmals seine Pläne für einen neuen Standard namens USB-C offenbarte, ging ein Aufatmen durch die Tech-Welt. Ein einheitlicher Anschluss für zahlreiche Aufgaben, der noch dazu kompakt und symmetrisch ist – das klang schon fast zu gut, um wahr zu sein. Einige Jahre später muss man sagen: war es auch. Denn anstatt wie versprochen mit dem Kabelchaos aufzuräumen, hat sich USB-C in der Realität zu einem für die Nutzer kaum mehr durchschaubaren Albtraum entwickelt.

Ein Name für vieles

Doch zunächst einmal zu den Basics: Wenn von USB-C die Rede ist, dann beschreibt das eigentlich nur den Anschlusstyp. Im Hintergrund werken nämlich noch einmal unterschiedliche Standards mit nicht minder unterschiedlicher Leistungsfähigkeit. Hinter einem USB-C-Anschluss kann sich also sowohl ein USB-2.0-Gerät verbergen als auch eines mit USB-3.1- oder gar USB-3.2-Support. Und das hat durchaus relevante Konsequenzen: Die jeweils mögliche Datenübertragungsrate variiert dabei nämlich um den Faktor 20. Dass die maximale Geschwindigkeit nur dann zu erreichen ist, wenn beide Endpunkte auch den entsprechenden Standard unterstützen, ist dabei noch logisch. Schwieriger wird es dann schon, wenn einem klar wird, dass das Kabel in dieser Gleichung auch noch eine Rolle spielt. Wer also zwei Geräte mit USB-3.2-Support über ein USB-2.0-Kabel verbindet, verschenkt massiv Geschwindigkeit bei der Datenübertragung.

Testlauf

Um das zu demonstrieren, hat der Autor einmal in der eigenen Kabelschublade gekramt und ein Dutzend der eigenen USB-C-Kabel einem einfachen Test unterzogen. Es wurde ein modernes Smartphone mit USB-3.1-Support (ein Google Pixel 4) mit einem aktuellen Laptop mit USB-3.2-Unterstützung verbunden und dann eine mehrere Gigabyte große Datei auf das mobile Gerät kopiert. Der Unterschied ist frappant: Zwei der getesteten Kabel waren um den Faktor 5 schneller als die restlichen – einfach weil die meisten nur USB 2.0 unterstützen. Dass der Unterschied nicht noch größer ausfällt, liegt schlicht daran, dass in diesem Fall die Geschwindigkeit der Smartphone-Speicherbausteine den begrenzenden Faktor darstellt. Bei einer externen SSD gibt es mit einem guten Kabel also noch erheblich mehr herauszuholen.

Besonders unerfreulich: Von außen erkennt man diesen Unterschied nur in einzelnen Fällen. Zwar hat die USB-IF diverse Logos erstellt, mit denen schnelle Kabel, "SuperSpeed" oder auch "Full Featured Type C Cables" genannt, gekennzeichnet werden können. Diese dürfen aber nur verwendet werden, wenn der Hersteller das Kabel offiziell zertifizieren lässt – und das kostet natürlich extra. Entsprechend verzichten viele Anbieter auf diesen Schritt. Und so gibt es viele Kabel mit den nötigen Extradrähten, die zwar flott sind, aber genauso aussehen wie ihre langsamen Pendants.

Manche Kabel zeigen durch ein Logo zumindest ihre Übertragungsgeschwindigkeit an. Aber leider eben nur: manche.
Grafik: USB-IF

Es wird komplizierter

All das mag zwar nicht gleich für alle offensichtlich sein, trotzdem könnte man sagen, dass das mit etwas Bedacht noch in den Griff zu bekommen ist. Wirklich chaotisch wird es durch einen anderen Faktor: nämlich dass USB-C-Kabel natürlich nicht nur zur Datenübertragung genutzt werden, sondern auch noch andere Aufgaben verrichten – allen voran beim Aufladen der Geräte. Und wie könnte es anders sein, gibt es hier wieder unterschiedliche Spezifikationen für Kabel. Die Folge: Es ist noch lange nicht gesagt, dass ein Kabel, das schnell Daten überträgt, auch schnell den Akku laden kann. Ganz im Gegenteil ist das zumeist nicht der Fall.

Diese Kombination führt dazu, dass es derzeit sechs unterschiedliche USB-C-Kabeltypen gibt, wie Google-Entwickler Benson Leung, der sich als Experte in diesem Bereich einen Namen gemacht hat, vorrechnet. Und das ist noch eine freundliche Betrachtungsweise. Denn wenn man genau wäre, könnte man noch Thunderbolt-Kabel hinzurechnen, die ebenfalls die USB-C-Anschlusstype verwenden und nochmals andere Fähigkeiten bieten. Und mit USB 4 wurde mittlerweile bereits die nächste Generation des Standards definiert, für deren vollen Leistungsumfang wieder neue Kabel notwendig sind.

Bonustrack

Wem das nicht reicht, der sei noch darauf verwiesen, dass USB-C-Kabel mittlerweile auch für die Verbindung zu externen Bildschirmen verwendet werden. Das klappt aber wiederum nur, wenn man ein entsprechend leistungsfähiges Kabel verwendet, einfach das Ladekabel des eigenen Laptops weiterzuverwenden klappt meist nicht. Wenn man jetzt auch noch rechnet, dass die in Hinblick auf die Leistungsfähigkeit bei der Datenübertragung besten Kabel aufgrund physikalischer Beschränkungen typischerweise recht kurz sind, führt dies dazu, dass die Idee von dem einen Kabel für alle Aufgaben ein Phantasma ist – selbst wenn man bereit ist, noch einmal Geld für gute Kabel auszugeben. Dass viele Smartphone-Hersteller eigene Schnellladetechniken verwenden, für die man ohnehin ein spezielles Ladegerät braucht, passt dann perfekt zu diesem Wirrwarr.

Fazit

Das Versprechen von USB-C war es, dem Kabelsalat ein Ende zu bereiten. In Wirklichkeit wurden diese Unterschiede aber nur verschleiert – und zwar zum Nachteil der User. Die Änderung der Steckertypen zwischen früheren USB-Versionen hatte zumindest den Vorteil, dass für die Nutzer sofort klar war, was sie hier bekommen, was geht und was nicht. Das bedeutet allerdings nicht, dass es wieder sinnvoll wäre, auf dauernd wechselnde Anschlusstypen zu wechseln, es zeigt aber, dass es ein massives Defizit bei der Kennzeichnung gibt. Und auch Betriebssysteme könnten durchaus ihre Nutzer davor warnen, wenn sie ein falsches Kabel verwenden, technisch möglich wäre das nämlich sehr wohl.

Wer aus dem Ganzen etwas Positives ziehen will, der kann einfach einen anderen Blickpunkt anlegen: nämlich dass es recht gute Chancen gibt, dass man mit neuen Kabeln deutlich mehr Performance aus den eigenen Geräten holt. Oder aber endlich klar wird, warum Smartphone oder Laptop nicht so schnell laden, wie sie eigentlich sollten. (Andreas Proschofsky, 20.9.2020)