Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) stimmt sich in der Krise mit einigen wenigen Ländern besonders eng ab.

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Es ist ein Hilferuf von Touristikern aus dem salzburgerischen Gasteiner Tal. Nach der schweren Sommersaison aufgrund des Coronavirus droht dort nun auch dem Wintergeschäft ein heftiger Einbruch – weil Österreich für Schweden nach wie vor eine Reisewarnung verhängt hat.

Die Schweden sind für das Tal ein wesentlicher Tourismusfaktor. Sie machen dort mehr als ein Zehntel der Nächtigungen im Winter aus – in Summe waren es zuletzt 90.000. Durch die Reisewarnung müssen Urlauber aus Schweden einen negativen Corona-Test vorweisen. Der kostet rund 200 Euro, klagen Touristiker. Das dürfte dem Urlaubsgefühl nicht zuträglich sein.

Hilfe bleibt aus

Ein Hotelier aus Bad Gastein wendete sich per Mail an Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Er hoffte, dass sich die Ministerin für ein Ende der Reisewarnung gegen Schweden einsetzt. Deutschland hat die Reisewarnung wegen der gesunkenen Infektionszahlen bereits zurückgenommen. Derzeit schwankt die schwedische Statistik zwischen 100 und mehr als 300 Fällen pro Tag.

Die Hilfe aus dem Ministerium blieb aus. Erst wenn die Datenlage in Schweden gut sei, könne über eine Öffnung nachgedacht werden. Das Außenressorts weist lediglich daraufhin, dass es seine Reisewarnungen laufend überprüfe. Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn empfindet die Auflagen für die Schweden als "politisch motiviert".

Warnung wirft an anderer Stelle Fragen auf

Die Warnung für Schweden wirft mehr Fragen auf, wenn man an anderer Stelle genauer hinsieht. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) stimmt sich in der Krise mit neun Ländern (Tschechien, Griechenland Norwegen, Israel, Costa Rica, Australien, Dänemark, Neuseeland und Singapur) eng ab. Diese sieht er wie Österreich als "First Mover", die die Krise also besonders gut managen. Für kein Land auf dieser Liste gibt es eine Reisewarnung. Ein Zufall?

Israel verhängt am Freitag wegen Infektionszahlen jenseits der 5000 einen dreiwöchigen Lockdown. Costa Rica, das etwa die Hälfte der Einwohnerzahl Schwedens aufweist, verzeichnet tageweise um die 1300 Neuinfektionen. Tschechien, einwohnermäßig auf dem Niveau Schwedens, hat kürzlich mehr als 1600 Neuerkrankte gehabt. Warum gibt hier keine Reisewarnung? Das Außenressort erklärt, dass alle drei Länder auf der Stufe "Hohes Sicherheitsrisiko" stehen. Von nicht unbedingt notwendigen Reisen wird abgeraten. Eine Reisewarnung gibt es wegen der jeweiligen Corona-Maßnahmen vor Ort und einer niedrigen Reiseaktivität dorthin nicht, sagt eine Ressortsprecherin. Nicht-Israelis etwa dürften nicht oder nur mit Ausnahmegenehmigung nach Israel reisen. Tourismus und Geschäftsreisen fallen explizit nicht darunter. (Jan Michael Marchart, 17.9.2020)