Die Pandemie gewinnt wieder an Fahrt und stoppt damit auch die wirtschaftliche Erholung, die über den Sommer in Österreich und Europa einsetzte. Da käme das von der Regierung ausgedachte neue Hilfsinstrument gerade rechtzeitig. Doch die EU-Kommission verweigert bis dato den Sanktus für den verbesserten Fixkostenzuschuss – Phase II genannt. Derartige Rundumentschädigungen für angefallene Kosten seien während des Lockdowns ein angemessenes Instrument gewesen, nicht aber in Zeiten des Aufschwungs, so die Brüsseler Lesart des Regelwerks. Finanzminister Gernot Blümel sieht das anders und fordert lautstark rasche und flexible Genehmigungen für österreichische Hilfsleistungen.

Finanzminister Gernot Blümel reitet seit dem Frühjahr Attacken gegen Brüssel.
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Nun lässt sich trefflich darüber streiten, ob der Staat in der Corona-Krise alles auffangen soll – vom Würstelstand bis zur Zuckerfabrik –, oder ob eine gewisse Auslese eine gute Basis für einen kraftvollen Aufschwung wäre. Diese Grundsatzfrage schwebt quasi über der aktuellen Debatte, denn Brüssel hat Staatshilfen von jeher zu Recht mit Argusaugen betrachtet. Soll wegen Corona alles anders sein? Es gibt Argumente dafür und dagegen. Was kann ein Reiseveranstalter dafür, dass niemand dessen Busse benötigt, weil Konzerte und Fußballspiele fast oder gänzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden? Und welches Wiener Stadthotel soll die Misere aus eigener Kraft durchtauchen, wenn erst Betriebssperre und dann Reisewarnungen die Zimmer leerfegen? Andererseits kann das Ausschütten der Gießkanne über jedes Unternehmen auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein – vor allem über solche, bei denen die Zuschüsse den Gang über den Jordan lediglich um ein paar Monate hinausschieben werden.

Das spricht ganz klar für eine überlegte und differenzierte Vorgangsweise. Von der spürt man derzeit wenig. Dem wahlwerbenden Finanzminister käme es wohl zugute, könnte er den Fixkostenzuschuss noch vor dem 11. Oktober zum Rettungsanker für Betriebe und somit für die Republik hochstilisieren. Zu diesem Behufe wären freilich weniger mediale Inszenierung und mehr Knochenarbeit hinter den Kulissen nützlich. Seit dem Frühjahr reitet Blümel Attacken gegen Brüssel, will das Beihilfenrecht aushebeln, beklagt sich über die Schuldenunion und demütigt den EU-Vertreter in Wien, der zum Schauprozess zitiert wurde. Die Gernot-gegen-Goliath-Show mag vielerorts gut ankommen. Sachdienlich ist sie nicht. (Andreas Schnauder, 17.9.2020)