Corona-Tests für Reiserückkehrer – wenn es nach der deutschen Regierung geht, dann soll es gar keine Rückkehrer aus Wien geben.

Foto: APA/HERBERT P. OCZERET

"Vor nicht notwendigen, touristischen Reisen in das Bundesland Wien wird aufgrund hoher Infektionszahlen derzeit gewarnt." So steht es seit Mittwochabend auf der Website des Auswärtigen Amtes in Berlin.

Kaum war die österreichische Hauptstadt von der deutschen Bundesregierung zum Risikogebiet erklärt worden, da schossen in Österreich auch schon die Spekulationen ins Kraut, es könne sich bei der Entscheidung in Berlin um eine politische gehandelt haben und weniger um eine epidemiologisch begründete Warnung.

Tenor: Die ÖVP habe in Berlin darauf gedrängt, das "rote Wien" als Risikogebiet einzustufen, um Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) nach einem eher sorglosen Sommer, kurz vor der Wien-Wahl, in Bedrängnis zu bringen.

In Berlin jedoch weist man dies als Unsinn zurück: "Die Einstufung Wiens als Risikogebiet erfolgte alleine aufgrund der hohen Anzahl von Neuinfektionen in Wien." Nach Meinung der Fachleute habe "kein Weg" an der Klassifizierung vorbeigeführt, heißt es in einem der an der Entscheidung beteiligten deutschen Ministerien zum STANDARD.

Zahlen länger beobachtet

Verwiesen wird auch drauf, dass man die Wiener Zahlen länger beobachtet und nicht nach einer Woche schon eingegriffen habe. Eigentlich gilt in Deutschland, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, wenn die Zahl der Corona-Neuinfektionen an sieben Tagen hintereinander höher als 50 pro 100.000 Einwohner liegt.

"Wir hätten früher handeln können", heißt es in Berlin. Doch man habe sogar zugewartet, ob es eine Trendwende gebe, zumal das Wiener Gesundheitssystem hervorragend sei. Ralf Beste, deutscher Botschafter in Wien, betont: "Die Reisewarnung dient vor allem dazu, das Infektionsgeschehen in Deutschland unter Kontrolle zu halten."

Dass die Entscheidung mit der Wiener Landtagswahl zu tun haben könnte, wird in Berlin eher belustigt aufgefasst. Bei allem Respekt, so heißt es, diese Wahl sei doch "unter der Wahrnehmungsschwelle" der deutschen Politik. (Birgit Baumann, 17.9.2020)