Digital wiederbelebt: Die "Neue Zeit" erscheint wieder, Medieninhaber ist die Leykam Medien AG, die der steirischen SPÖ gehört.

Foto: Screenshot NeueZeit.at

Die vom ehemaligen SPÖ-Geschäftsführer Max Lercher geführte Grazer Leykam Medien AG hat die 2001 eingestellte traditionsreiche sozialdemokratische Tageszeitung "Neue Zeit" wiederbelebt. Sie erscheint seit September als Onlinemedium, laut Eigendefinition als "Gegenpol zur konservativ dominierten Medienlandschaft". Aktuelle Aufmacherstory: "ÖVP-Kanzler Kurz ist überfordert: Corona-Infektionen steigen, Regierung im Wirrwarr".

"Alternativen zur neoliberalen Denkweise"

Im Impressum definiert die sich die neue "Neue Zeit" so: "Wir dienen nicht dem großen Geld, wir dienen nicht der Hetze. Wir zeigen Alternativen zur neoliberalen Denkweise auf, liefern kritische Analysen zum Rechtspopulismus und berichten über das große Thema Gerechtigkeit. Kurz: Wir schauen dort hin, wo andere Medien wegschauen."

Fünf Mitarbeiter weist das Impressum derzeit aus: Philipp Stadler als Chefredakteur und Redakteur, Michael Wanek als Chef vom Dienst und Redakteur, Gerald Demmel als Projektmanager, Dawid Sowka ist demnach zuständig für Entwicklung, und Anna Fischer ist Büroleitung und Redaktionsassistentin.

Gemeinsamer Projektmanager mit kontrast.at des SP-Parlamentsklubs

Demmel etwa ist auch Projektleiter und stellvertretender Chefredakteur von kontrast.at, dem Onlinemedium des SPÖ-Parlamentsklubs.

Die Leykam Medien AG gehört zu fast 80 Prozent einer Spectro gemeinnützige Gesellschaft für wissenschaftliche Forschung GmbH, die wiederum ganz im Besitz der steirischen SPÖ steht. Die übrigen Anteile an der Leykam Medien AG halten die Steiermärkische Bank und Sparkassen AG und die Landes-Hypothekenbank Steiermark AG.

Drei Abomodelle

Die digitale "Neue Zeit" ruft zur Unterstützung des Projekts mit drei Abomodellen auf: einem "Standard-Abo" für acht Euro im Monat, einem "Förder-Abo" für 15 Euro und einem "Soli-Abo" für 30 Euro monatlich. Alle drei versprechen eine werbefreie Nutzung der Seite und einen Newsletter, die höherpreisigen Abos auch Infos über den Fortschritt des Projekts.

"Verein der Freunde der Neuen Zeit"

Die "Neue Zeit" wurde 1945 gegründet und erschien über Jahrzehnte als Parteitageszeitung der steirischen SPÖ. 1987 drohte die Einstellung, die Mitarbeiter übernahmen sie und führten sie weiter. Sie gründeten einen "Verein der Freunde der NZ", der nun als Herausgeber fungierte.

Die "Neue Zeit" zählte über lange Jahre zu den Titeln mit den höchsten Subventionen aus der Presseförderung, zudem erhielt sie damals eine steirische Landespresseförderung. Herausgeber und Chefredakteur der "Neuen Zeit" als Tageszeitung war bis zu ihrem Ende Josef Riedler; er war zugleich über viele Jahre Vorsitzender der damaligen Presseförderungskommission.

Im April 2001 meldete die Zeitung Konkurs an, mit Ende desselben Monats stellte sie ihr Erscheinen ein. Das Inventar wurde versteigert. Riedler startete ein Jahr darauf, im Mai 2002, eine Grazer Wochenzeitung unter dem Titel "Die Neue", sie erschien rund ein Jahr.

Bisher gibt es in Österreich keine Bundesmedienförderung für digitale Medien, die Presseförderung subventioniert Kauftages- und -wochenzeitungen (nur wesentliche Teile der Corona-Sonderpresseförderung 2020 gingen an Gratistitel wie "Heute" und "Oe24"). Die derzeit geplante Digitalförderung soll nach den Vorstellungen der ÖVP die Transformation von analogen zu digitalen Medien unterstützen; die Grünen wollen auch die Weiterentwicklung digitaler Medien fördern. Über diese Förderung verhandeln ÖVP und Grüne noch. (fid, 18.9.2020)