Etwa 1,1 Millionen Brutpaare von Brillenpinguinen gab es noch vor etwa 100 Jahren. Heute sind von dieser Pinguinart, die die Küsten Afrikas – vor allem jene Südafrikas und Namibias – besiedelt, nur noch etwa 20.000 Paare übrig. Ihre Eier gelten als Delikatesse und wurden lange Zeit von den Menschen gesammelt. Die Habitate der Tiere waren von dutzenden Ölkatastrophen betroffen. Dann kam die Überfischung und setzte den Schwarmfischjägern zu. Und nun sorgt der Klimawandel für Futterknappheit und Hitzestress.

Rund 1,1 Millionen Brillenpinguin-Paare gab es vor 100 Jahren. Heute sind es nur noch 20.000.
Foto: Tomas Bertelsen

Vor etwa 100 Jahren beginnt auch die Geschichte Pablo García Borboroglus, für den die Geschichte dieser Tiere nur ein Beispiel für die Schutzbedürftigkeit der Pinguine ist. "Meine Großmutter kam damals mit ihrem Mann in Patagonien an. Sie besuchte die Pinguinkolonien noch per Pferdefuhrwerk und war später die erste Person, die mir von ihnen erzählt hat", blickt der Argentinier zurück. Als er später die Kolonien erstmals selbst aufsuchte und dort in den 1980er-Jahren im Kampf gegen Ölkatastrophen half, die 40.000 der Tiere verenden ließen, fasste er einen Entschluss: "Es war wie eine Erleuchtung. Ich wusste, ich werde mein Leben diesen Tieren widmen."

Weltweit einzige Pinguin-Schutz-Organisation

Heute ist der 1969 geborene Argentinier Präsident der Global Penguin Society. Sie ist eine der profiliertesten Naturschutzorganisationen im Meeresschutz – die einzige, die sich dezidiert dem Schutz aller 18 Pinguinarten widmet. Vor Gründung seiner NGO vor mehr als zehn Jahren absolvierte er ein Biologiestudium, gelangte aber auch zur Erkenntnis, dass "Wissenschaft allein nicht ausreicht, um die Naturschutzprobleme zu lösen".

Borboroglu und sein Team beim Wiegen von Pinguinen. "Die Wiederherstellung der Populationen ist eine große Herausforderung."
Foto: Tomas Bertelsen

Welchen Bedrohungen die Tiere gegenüberstehen, veranschaulicht das Schicksal der eingangs erwähnten Brillenpinguine: "Die Kombination der verschiedenen Gefahren erlaubte der Population nicht, sich wieder zu erholen. Nun ist sie so geschrumpft, dass ihre Wiederherstellung zur großen Herausforderung wird", so der Biologe. Andere Arten wie der Gelbaugenpinguin Neuseelands sind mit unter 2000 Brutpaaren dabei noch seltener.

Eine Gefahr für die Tiere hebt der Biologe besonders hervor: den Kunststoffmüll in den Meeren. Plastik sei in den Nestern der entferntesten Kolonien zu finden. Die Tiere verheddern sich darin, fressen es, können daran sterben. Hier liegt für Borboroglu auch gleich die Antwort auf die Frage, was wirklich jeder zum Schutz der Pinguine beitragen kann, verborgen: "Vermeidet man die Nutzung von Einwegplastik, kann man wirklich einen Unterschied machen", sagt er.

Dem Argentinier Pablo García Borboroglu wurde die Liebe zu den Pinguinen quasi in die Wiege gelegt. Heute führt er eine der wichtigsten Naturschutzorganisationen, die auf die Konservierung von Pinguinpopulationen abzielt.
Foto: Tomas Bertelsen

Die Global Penguin Society kann bereits auf eine Reihe von Erfolgen verweisen. Habitate in der Größe von 13 Millionen Hektar, in denen insgesamt etwa 1,6 Millionen Pinguine leben, konnten bereits unter Schutz gestellt werden. Unter anderem gelang es, das Unesco-Biosphärenreservat Blue Patagonia in Argentinien zu etablieren. Es hat etwa die Ausdehnung Belgiens und beheimatet die weltweit größte Kolonie der Magellan-Pinguine. Mittlerweile kommt auch Aufmerksamkeit von großen Medien und in Form von renommierten Umweltschutzpreisen.

Wenig anpassungsfähige Tiere

Die Wissenschaft wird in der NGO gezielt zum Schutz der Tiere eingesetzt. "Wir gewinnen Informationen darüber, wo es Konflikte zwischen den Bedürfnissen der Tiere und menschlichen Aktivitäten wie Fischerei, Seefahrt oder Ressourcenabbau gibt", sagt der Biologe. "Je mehr man weiß, desto besser kann man koexistieren." Derzeit werden Pinguine etwa in Neuseeland, Chile und Argentinien getrackt, um mehr über ihre Wander- und Essgewohnheiten herauszufinden. Die Daten dienen etwa als Grundlage für Verhandlungen über Schutzgebiete.

Borboroglu hörte zum ersten Mal als Kind von seiner Großmutter von den Pinguinen. Heute widmet er ihnen sein Leben.
Foto: Tomas Bertelsen

Pinguine haben nicht die Flexibilität fliegender Vögel bei der Nahrungssuche. Sie sind vergleichsweise wenig anpassungsfähig, und deshalb sind sie für Borboroglu auch der beste Indikator für den Zustand der Meere. "Finden sie keine Nahrung, dann merkt man, dass in der Kolonie etwas nicht stimmt. Die Reisen der Tiere dauern länger, sie haben weniger Gewicht, Küken sterben."

Die besten Anwälte sauberer Ozeane

Pinguine verfügen aber auch über eine Superkraft, die den Meeren zugutekommt. "Menschen reagieren emotional auf Pinguine. Sie sind die perfekten Tiere, um als Inspiration für eine Verhaltensänderung zu dienen, sagt Borboroglu. "Es ist wie ein Passwort, mit dem man Politiker und Entscheidungsträger in der Wirtschaft erreichen kann." Sie sind die besten Anwälte sauberer Ozeane.

Da ist es nur konsequent, dass die Global Penguin Society tatkräftig im Bildungs- und Aufklärungsbereich tätig ist – nicht nur für globale Zielgruppen, sondern auch für lokale Communitys. Tausende Schüler haben etwa bereits im Rahmen von Exkursionen die Kolonien besucht. Sie werden irgendwann die Entscheidungsträger vor Ort sein und das Schicksal der Tiere mitbestimmen. "Wenn wir eine neue Generation nicht in Kontakt mit der Natur bringen, werden unsere Umweltprobleme noch viel schlimmer werden", prophezeit Borboroglu. "In Zeiten der Covid-Pandemie ist dieser Gedanke besonders wichtig. Sie zeigt uns, was passiert, wenn wir die Grenzen des Planeten nicht beachten." (Alois Pumhösel, 22.9.2020)