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Die Karikatur der "Oberösterreichischen Nachrichten" von Pamela Rendi-Wagner sorgte im Juli 2020 für parteiübergreifende Empörung. Die SPÖ-Chefin wurde in Dessous und mit Federschmuck gezeichnet, wie sie aus einer Torte hüpft und dabei ein Schild mit "Forderungen" präsentiert. Der Presserat sieht die Karikatur auf dem Portal nachrichten.at innerhalb der Grenzen der Meinungsfreiheit. Sie sei "trotz des sexistischen Beigeschmacks medienethisch zulässig", befand der Senat 2 des Selbstkontrollorgans der österreichischen Presse.

Meinungsfreiheit geht bei Satire besonders weit

Spöttische Elemente, Übertreibungen und Zynismus seien für Karikaturen typisch, lässt der Senat verlauten. Bei satirischen Darstellungen und Karikaturen sei die Presse- und Meinungsfreiheit besonders weit auszulegen. Zudem sei ist bei diesen Darstellungsformen auch auf die Kunstfreiheit Rücksicht zu nehmen, argumentiert der Senat.

Der Senat suchte einen Sachbezug der Karikatur – sie spielt auf einen Forderungskatalog an für verschiedene politische Maßnahmen, den Rendi-Wagner im Rahmen der SPÖ-Klubklausur als "Kraftpaket" präsentierte. Zu den Forderungen zählten etwa die Einführung einer Millionärs- und Konzernsteuer, der Viertagewoche und eines Mindestlohns sowie die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Diese Forderungen habe auch die SPÖ teils kontrovers diskutiert.

Der Presserat: "In der Karikatur wird also ein Thema aufgegriffen, das für den politischen Diskurs von Relevanz ist." Auch dieser Aspekt spreche für eine weite Auslegung der Meinungsfreiheit, findet der Senat.

Zuspitzung "mit Sachbezug"

Die Abbildung als Frau, die aus einer Torte springt, mit dem Begleittext "Die neue Verpackung" spiele darauf an, dass einige Forderungen für die SPÖ nicht neu seien, argumentiert der Senat des Presserats weiter: "In Anbetracht dessen hält der Senat die Karikatur Rendi-Wagners noch für von der Meinungsfreiheit gedeckt; die zugespitzte Darstellung weist einen entsprechenden Sachbezug auf."

Sexistischer Beigeschmacks, aber kein medienethischer Verstoß

Der Senat äußert zugleich Verständnis dafür, dass ein Leser, der die Karikatur vor den Presserat brachte, "die Karikatur als problematisch empfindet". Ebenso für "große öffentliche Kritik – insbesondere von Politikerinnen (auch anderer Parteien)".

Der Senat sei "sich des sexistischen Beigeschmacks der Karikatur bewusst. Trotzdem bewertet er diese aufgrund ihres politischen Bezugs nicht als Verstoß gegen die Medienethik."

Der Senat verweist zudem auf die Entschuldigung des Mediums, falls man mit der Karikatur die Gefühle von Frauen verletzt haben sollte. Sie erschien im Zusammenhang mit einem Leserbrief, in dem zwei Parteikolleginnen Rendi-Wagners die Karikatur scharf kritisierten.

Rendi-Wagner: "Grenze überschritten"

Rendi-Wagner nannte die Karikatur "inakzeptabel", es werde "eine Grenze überschritten, wenn Frauen sexistisch diffamiert werden". Die Ministerinnen Elisabeth Köstinger, Susanne Raab (beide ÖVP), Alma Zadić und Leonore Gewessler (beide Grüne) sowie die SPÖ-Frauen und andere verurteilten die Zeichnung im Juli.

Köstinger schrieb, Frauen in der Politik würden "nicht leicht bekleidet aus Torten" springen. Auch wenn man Meinungen und Forderungen nicht teile, sei eine solche Darstellung unerträglich. Raab teilte mit, eine sexistische Darstellung von Frauen in der Politik "geht gar nicht". Zadić sprach schlicht von "grindigem Sexismus". (red, 18.9.2020)