Einsatz für Medienfreiheit: Szabolcs Dull, wegen regierungskritischen Kurses als Chefredakteur in Ungarn entlassen.

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In Potsdam ist der ungarische Journalist Szabolcs Dull mit dem Medienpreis M100 für seinen Einsatz für Medienfreiheit geehrt worden. Der deutsche Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte bei der Preisverleihung am Donnerstag, Demokratie brauche Öffentlichkeit, öffentliche Debatten und zugängliche Fakten. Ein "freier, guter und an Fakten orientierter Journalismus" sei "in jedem Fall systemrelevant".

Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, hob die Bedeutung eines unabhängigen Journalismus hervor: "Jedes Mal, wenn die Unabhängigkeit von Journalisten untergraben wird, wird die Demokratie unterspült."

Regierungskritischer Kurs

Der ehemalige Chefredakteur des größten ungarischen Nachrichtenportals index.hu wurde für sein Eintreten für Medienfreiheit und unabhängigen Journalismus ausgezeichnet. Der als Kritiker des rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orban geltende Dull hatte gegen eine geplante Umstrukturierung im Verlag protestiert und vor einem Ende der Unabhängigkeit der Nachrichten-Website gewarnt. Wenig später wurde Dull von seinem Chefredakteursposten entlassen, weil er angeblich interne Dokumente an andere Medien weitergegeben hatte.

Index.hu ist die am meisten besuchte Nachrichten-Website in Ungarn und eine der letzten unabhängigen Stimmen in der ungarischen Medienlandschaft. Mit einer Medienreform 2010 hatte Orban einen Großteil der Medien unter seine Kontrolle gebracht. In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht Ungarn nur noch auf Platz 89 von 180.

Roberto Saviano, Kurt Westergaard und "Charlie Hebdo" ausgezeichnet

Bei dem Kolloquium in Potsdam diskutieren Medienmacher, Wissenschaftler und Politiker über die Zukunft der europäischen Öffentlichkeit. Der Preis M100 wird seit 2005 jährlich an Menschen vergeben, die sich für die europäische Verständigung sowie Meinungs- und Pressefreiheit einsetzen. Im vergangenen Jahr erhielt die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon die Auszeichnung.

Weitere Preisträger sind unter anderen der italienische Schriftsteller Roberto Saviano, der dänische Karikaturist Kurt Westergaard und das französische Satiremagazin "Charlie Hebdo". (APA, AFP, 18.9.2020)