Die Secession bezog am Donnerstag Stellung: "Unser Appell richtet sich an die Regierungen Österreichs und der EU-Mitgliedsstaaten, unserer internationalen Verantwortung entsprechend in der akuten Situation in Moria zu helfen und auch darüber hinaus nachhaltige Lösungen für den menschenwürdigen Umgang mit Schutzsuchenden zu erwirken."
Foto: Secession

Über dem Eingang der Secession hängt ein schwarzer Banner mit der Aufschrift "Moria". Mit der Aktion möchte sich die Vereinigung bildender KünstlerInnen solidarisch mit allen Schutzsuchenden zeigen. Man möchte die repräsentative Wirkung des Hauses nutzen, "um die anhaltende Dringlichkeit dieses Problems sichtbar zu machen", hieß es am Donnerstag.

Auch die neue Ausstellung im Inneren des Hauses stellt Bezüge zu Aspekten der Flucht sowie Migration her, wenn auch etwas weniger deutlich. Da wo die Künstlerin Verena Dengler zuvor ihre vergraste "Gstettn" aufgeschüttet sowie eine fiktive Messelandschaft errichtet hatte, bietet sich jetzt ein zugegeben ungewohnter Anblick des Hauptraums: Er ist leer und steril.

In einer luftigen White-Cube-Architektur mit neu eingezogenen schrägen Wänden hängen lediglich etwa 20 Gemälde des albanischen Künstlers Edi Hila. Mehr braucht es aber auch nicht: Sie füllen den Raum mit trüber Melancholie aus grau-blauen Farbtönen. Der Titel Der Klang der Tuba soll die Schwere nochmals unterstreichen.

Krise 2015: Die Serie "A Tent on the Roof of a Car" von Edi Hila braucht nicht mehr als grau-blaue Leere.
Foto: Jens Ziehe

Zelte auf Autodächern

Das Werk des 1944 geborenen Hila ist untrennbar mit der politischen Geschichte Albaniens, dem kommunistischen Regime und dem Wandel zur Demokratie verbunden: Aufgrund seines Bildes Planting of Trees wurde er Anfang der 1970er-Jahre als junger Künstler mit 20 Jahren Berufsverbot belegt. Nach dem Zusammenbruch der Sozialistischen Volksrepublik erfand sich Hila künstlerisch neu.

Drei seiner in der Ausstellung gezeigten Zyklen sowie Werke aus den späten 90er-Jahren, pendeln zwar zwischen Gegenwart und Vergangenheit, kommen aber immer wieder auf Ähnliches zurück:

So behandelt das Triptychon People of the Future – auf dem ein gigantisches Schiff aus unterschiedlichen Perspektiven auf einen zusteuert – die große Abwanderungswelle aus Albanien in den 1990er-Jahren und mit A Tent on the Roof of a Car bezieht sich Hila auf die Flüchtlingskrise von 2015.

Die Leere von Hilas Bildräumen spiegelt sich auch in der Ausstellungsarchitektur wieder.
Foto: Jens Ziehe

Behausung nur als Vorwand

Seine aktuellste Serie House in Korça geht am weitesten zurück: Es geht um die gewaltsame Vertreibung jener Menschen aus Albanien, die das Regime kritisierten. Hila schafft nebelartige Landschaften, die allesamt menschenleer sind. Die Häuser im südostalbanischen Korça seien aber nur Vorwand, so der Künstler, um die Identität der deportierten Menschen auszudrücken, die zurückgelassenen Möbel nur Zeugen ihres alten Lebens.

Weniger schwer, dafür umso absurder, gibt es auch in den unteren Ausstellungsräumen Neues zu sehen. In der spärlichen und dunklen Galerie holen einen traumartige Videoarbeiten der Multimediakünstlerin Emily Wardill kurzzeitig aus der Realität. In ihren Arbeiten untersucht die in Lissabon lebende Britin die Komplexität von Wahrnehmung und Kommunikation und konstruiert sprunghafte Welten.

Für ihren neuen Film Night for Day sprach sie mit einer portugiesischen Widerstandskämpferin sowie mit Astrophysikern eines Start-ups. Das Ganze band sie in eine fiktive Mutter-Sohn-Beziehung ein und fragt: "Was würde passieren, wenn eine kommunistische Revolutionärin einen Techno-Utopisten zur Welt bringen würde? (Katharina Rustler, 18.9.2020)