Wie ernst es Türkis-Grün mit den neuen Vorschriften für private Zusammenkünfte meint, um die Corona-Infektionszahlen einzubremsen, wurde vor dem Wochenende deutlich: Bei Missachtung der Regel, dass sich in Innenräumen ab Montag nur noch zehn Personen treffen dürfen, kann die Bezirksverwaltungsbehörde nach Anzeige der Polizei für alle Beteiligten eine Strafe von bis zu 1450 Euro verhängen – das stellte das Innenministerium von Karl Nehammer (ÖVP) klar.

Die neuen Corona-Gesetze riefen nicht nur Experten, Institutionen und Opposition auf den Plan, sondern auch viele Pandemie-Leugner.
Foto: Matthias Cremer

Gastronomen droht sogar ein Strafrahmen von bis zu 30.000 Euro, wenn sie und ihre Gäste sich nicht an die neuen Auflagen halten.

Mit Freitagmittag endete zudem die Begutachtungsfrist für die neu überarbeiteten Corona-Gesetze aus dem Gesundheitsressort von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Erneut trudelten dazu mehr als 2000 Stellungnahmen ein, doch diesmal fielen die Änderungsbegehren deutlich milder aus – zumindest von Expertenseite.

Denn wie in der ersten Begutachtungsphase, in der man auf der Parlamentshomepage mit gar 4000 Stellungnahmen zu den vorgesehenen Änderungen im Epidemiegesetz, Tuberkulosegesetz sowie Covid-19-Maßnahmengesetz konfrontiert war, fanden sich darunter auch diesmal viele Protestnoten von Privatpersonen, die meisten Corona-Leugner, die trotz Pandemie jegliche Einschränkungen ablehnen.

Hunderte Protestnoten, ein Wording

Von hunderten wurde allein diese offensichtlich vorgefertigte Stellungnahme eingebracht: "Ich erhebe schärfste Einwendungen gegen diesen Gesetzesentwurf, der behördlicher Willkür Tür und Tor öffnet und mit unseren demokratischen Werten ebenso wenig wie mit den Grundsätzen unserer Verfassung vereinbar ist." Zuvor war die Formulierung auf verschwörungstheoretischen Facebook-Seiten und auf Rechts-außen- sowie "Querfront"-Blogs verbreitet worden.

Konkret werden im Corona-Maßnahmengesetz etwa Betretungsverbote für Betriebsstätten und Verkehrsmittel festgeschrieben, sollten die Infektionszahlen weiter in die Höhe schnellen. Ebenso können im Ernstfall auch wieder Ausgangsbeschränkungen verhängt werden, als Grundlage sieht die Novelle hierfür die Kriterien, die auch für die Corona-Ampel herangezogen werden, vor, also Infektionszahlen und Cluster, Kapazitäten in den Spitälern sowie auf deren Intensivstationen.

Aus Sorge um das Berufsgeheimnis fordert die Rechtsanwaltskammer und der Verband Österreichischer Zeitungen an anderer Stelle Ausnahmen ein – weil in einer Gesetzespassage den Behörden bei Corona-Kontrollen das Sichten von Unterlagen eingeräumt wird. Hier hat Anschober bereits Präzisierungen in Aussicht gestellt – und auch der Verfassungsdienst im Kanzleramt will Klarstellungen.

SPÖ sieht noch nicht rot

Im Büro des Ministers erklärte man dazu am Freitag, zuerst die Stellungnahmen zu sichten, den konkreten Änderungen könne man daher nicht vorgreifen.

Die Opposition, nämlich Rot und Blau, könnte die Corona-Gesetze im Bundesrat noch gemeinsam blockieren – und ihr Inkrafttreten verzögern. Die FPÖ sei dazu bereit, heißt es aus dem Büro von Klubchef Herbert Kickl. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried erklärt, für seine Partei gebe es noch Gesprächsbedarf bei mehreren Punkten – neben den fragwürdigen Behördenkontrollen wolle man mit Anschober etwa auch noch die Kompetenzen der Gebietskörperschaften bei freiheitsbeschränkenden Maßnahmen erörtern. (Fabian Shmid, Nina Weißensteiner, 18.9.2020)