Während die "Neue Rechte" und ihre Kernthemen Migration und großer Austausch in Europa durch die Corona-Krise überlagert wurden, dürfte dies für die sogenannte "Alt-Right"-Bewegung und die konservativen Kräfte in den Vereinigten Staaten von Amerika anscheinend nicht der Fall sein. Trotz Waldmenschen-Sagern in Bezug auf "The Austrian Way of Life" und anderen differenzierten Standpunkten, vom Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko, die die Mexikaner selber zahlen werden, bis hin zum Gentleman-Frauenbild, verfügt Donald Trump über eine starke Anhängerschaft. Doch woran könnte das wohl liegen?

Donald Trump: Ein Feuerwerk der Emotionen
Reuters/TOM BRENNER

Trump = Trump = authentisch

Die Demokraten in den USA schaffen es, analog zu den Sozialdemokraten in Europa, nicht gerade Spitzenkandidaten ins Rennen zu schicken, die nur so vor Charisma und Volksnähe strotzen, um dies höflich auszudrücken. In Relation dazu ist Trump ein wahres Feuerwerk der Emotionen - für seine Anhänger im positiven und für seine Gegner im negativen Sinne. Unbestrittenes Faktum ist aber, dass er medial enorme Wirkung erzielt und man mit ihm erwiesenermaßen, siehe das Format "The Apprentice", ein Hauptabendprogamm füllen könnte und kann. Bei Joe Biden reicht es überspitzt formuliert vielleicht zu einem Auftritt im Seniorenklub. Wobei hier könnten die Demokraten in Zukunft durchaus Mut beweisen und anstatt eines "älteren weißen Mannes" eine Kandidatin vom Format einer Alexandria Ocasio-Cortez als Präsidentschaftskandidatin aufstellen. Bernie Sanders wäre ebenso ein farbenfroherer Kandidat gewesen, denn um gegen "The Donald" zu reüssieren, braucht es Strahlkraft. Ähnliche Muster, wie in der weltweit größten Wirtschaftsmacht, kann man in Österreich erkennen. So kann man sich einen Sebastian Kurz gut als "Ridge Forrester" in der Erfolgsserie "Reich und Schön" vorstellen, wohingegen Pamela Rendi-Wagner doch eher in "Meryns Sprechzimmer" gut aufgehoben wäre.

Compiler Revolt

Manege frei: Emotion ist der Schlüssel zum Erfolg

Der Mensch ist trotz seiner scheinbar überlegenen kognitiven Entwicklung noch immer ein Instinktwesen. Das bedeutet, dass der Wähler nicht auf abstrakte Themen oder komplexe Inhalte reagiert, sondern auf emotional aufgeladene Inhalte wie die Flüchtlingsproblematik in Moria. Dieses Thema kann je nach Zielgruppe unterschiedlich konnotiert sein. Kaum jemand interessiert sich für unverbindliche Politiker, die sachlich korrekt argumentieren. Das Spiel auf der emotionalen Orgel muss, ähnlich wie im Zirkus, beherrscht werden. Da sich viele nichts mehr von der Politik oder abstrakten Instanzen wie der EU erwarten, ist für diese das einzig Greifbare eine, wenn auch verhaltensauffällige Persönlichkeit wie der 45. US-Präsident, der die Hoffnung nährt, den Fortschrittsverlierern ihre Würde wieder zurückzugeben. Politakteure mit steriler Fassade und abgehobener Attitüde ziehen gerade in Krisenzeiten auf wirtschaftlicher, sozialer und pandemischer Ebene noch weniger als je zuvor.

Parapsychologie der Politik

Die Parapsychologie versteht sich selbst als Wissenschaft von Phänomenen, die außerhalb der normalen Wahrnehmungsfähigkeit liegen, wie etwa Psychokinese, Präkognition oder Telepathie. Ganz so weit muss man beim Phänomen Donald Trump zwar nicht gehen, jedoch reicht klassische Expertise oft nicht aus, um der mannigfaltigen Varianz der Wirkung seiner Persönlichkeit gerecht zu werden. Trotz all der "obskuren" Verhaltenspuren, die er hinterlässt, gelingt es ihm immer wieder ein emotionales Band zu seinen Anhängern herzustellen und die amerikanische Volksseele in Schwingung zu versetzen. In einer Epoche zunehmender gesellschaftlicher Depersonalisierung steht er für die Konservierung längst vergangener guter alter Zeiten. Dafür sind seine Adoranten gerne bereit den Preis der Freiheit zugunsten emotionaler Sicherheit zu zahlen. (Daniel Witzeling, 23.9.2020)

Anmerkung: Der Satz "Wobei hier hätten die Demokraten durchaus Mut beweisen können und anstatt eines "älteren weißen Mannes" beispielsweise Alexandria Ocasio-Cortez als Vizepräsidentschaftskandidatin oder gar als Präsidentschaftskandidatin aufstellen können." wurde ob der Tatsache, dass es in den USA ein Mindestalter von 35 Jahren für die Präsidentschaftskandidatur gibt, geändert.

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