Eigentlich wären die neuen Vorwürfe im Zuge eines Datenleaks gar nicht notwendig gewesen, um zu dem Schluss zu kommen: Bei der Bekämpfung von Geldwäsche gibt es weltweit ein erhebliches Problem. Doch immerhin liefert die auf Daten der US-Geldwäschemeldestelle Fincen beruhende Auswertung erschütternde Details und damit neue Munition, die eine härtere Gangart gegen das Reinwaschen krimineller Gelder zur Folge haben sollte.

Die nach der US-Behörde benannten Fincen-Leaks zeichnen ein Bild, das sehr an die jüngsten Skandale in Europa erinnert. Ob Steuerhinterziehung, Betrug, Korruption, Menschen-, Waffen- und Drogenhandel oder gar Terrorfinanzierung: Letztlich wollen die Hintermänner nicht nur an "ihr" schmutziges Geld gelangen, sondern in irgendeiner Weise dessen Herkunft verschleiern.

Zwei-Billionen-Dollar-Wäsche

Aktiengeschäfte, Firmenbeteiligungen, Scheinrechnungen und viele andere Methoden eignen sich dazu besonders gut. Die Fincen-Daten geben dabei einen zarten Hinweis, von welchen Dimensionen die Rede ist. Allein bei den ausgewerteten Transaktionen waren zwei Billionen Dollar im Spiel, allerdings über einen Zeitraum von zehn Jahren hinweg. Nach Angaben der EU-Kommission entfällt innerhalb der Union jährlich etwa ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf illegale Finanztätigkeiten wie Geldwäsche. Das entspricht demnach rund 160 Milliarden Euro.

Nur ein geringer Anteil des Geldes wird beschlagnahmt oder eingefroren. Noch düsterer sieht es bei der strafrechtlichen Ahndung aus. Geldwäsche kann nicht isoliert bestraft werden, sondern nur in Verbindung mit einer Vortat. Das macht die Sache so schwierig, zumal die Vergehen oft von internationaler Dimension sind. Eine nationale Behörde kann somit zwar dubiose Transaktionen aufdecken, doch zu einer Anklage reicht es nur, wenn auch der zugrunde liegende Drogenhandel, die Bestechung oder der Schmuggel – um nur einige Bespiele zu nennen – aufgeklärt wurden. Kleptokraten haben leichtes Spiel, wenn schmutziges Geld reingewaschen werden soll.

Bußen fallen kaum ins Gewicht

Verbrechen sind gerade bei grenzüberschreitenden Fällen schwer zu beweisen. Österreichische Ermittler können davon ein Lied singen, wenn sie dem schmutzigen Geld von Oligarchen und Diktatoren auf der Spur sind. Gerade in einigen osteuropäischen Ländern, in denen heimische Banken stark vertreten sind, gibt es Defizite bei der Unabhängigkeit der Justiz und in der Rechtshilfe an andere Länder.

Was bleibt, sind meist nur Geldbußen für die Banken und andere Organisationen, weil die Kontrollsysteme nicht ausreichend funktionieren. Im Vergleich zu den involvierten Summen sind diese Strafen Peanuts.

Der Geldwäscheskandal der Danske Bank hat die Schwachstellen in der EU aufgezeigt.
Foto: EPA/FOCKE STRANGMANN

Die Fincen-Leaks lassen überdies einen weiteren Verdacht aufkommen: Banken melden zwar verdächtige Transaktionen, tun das aber oft erst Monate oder gar Jahre nach deren Durchführung. Das erweckt den Eindruck, dass die Benachrichtigung der Geldwäschestellen zumindest in bestimmten Fällen erst erfolgt, wenn es den Instituten zu heiß wird.

Erst das Geschäft, dann die Compliance, könnte man meinen. So dokumentieren die Daten mehrere Beispiele, in denen dubiose Überweisungen noch getätigt wurden, als Berichte über Ungereimtheiten bei den Adressaten längst medial verbreitet waren. Die Behörden haben somit nicht nur einen Startnachteil, sie sind auch anderweitig im Hintertreffen. Die Verschleierung der dunklen Machenschaften erfolgt über Tarnfirmen und Briefkästen, Scheinrechnungen oder das Schicken der Gelder im Kreis.

Behörden chancenlos

Kommen dann noch Barrieren bei grenzüberschreitenden Ermittlungen hinzu, kann man die Ohnmacht vieler Behörden erahnen. Apropos grenzüberschreitend: Sogar innerhalb der EU stehen in puncto Geldwäschebekämpfung hohe Grenzzäune. Eine einheitliche Stelle gibt es nach wie vor nicht, auch wenn dazu mittlerweile ein Vorschlag existiert.

Das Recherchenetzwerk ICIJ meldet die Veröffentlichung der Auswertungen.

Die Zusammenarbeit der nationalen Behörden lässt jedenfalls zu wünschen übrig, wie Skandale bei der Danske Bank und anderen Instituten in den letzten Jahren zeigten. Gemeinsame Anstrengungen auf dem Gebiet wären schon länger angebracht gewesen. Man darf gespannt sein, welche Position Österreich in der Debatte einnehmen wird, das sich im Kampf gegen Geldwäsche und Steuervermeidung meist im Lager der Bremser befindet.

Das Land hat in der Vergangenheit hart an seinem schlechten Ruf gearbeitet. Heimische Banken stehen wegen dubioser Geschäfte mit zwielichtigen osteuropäischen Figuren immer wieder unter Beobachtung. Die staatlichen Bemühungen zur Verbesserung der Lage waren lange – positiv formuliert – überschaubar.

Schwere Mängel

Das führte 2016 fast dazu, dass die internationale Anti-Geldwäsche-Organisation FATF (Financial Action Task Force on Money Laundering) Österreich das Messer ansetzte. Die Organisation hatte zuvor schwere Mängel beklagt: Bekämpfung von Geldwäscherei habe hierzulande keine Priorität, den Stellen im Bundeskriminalamt fehle es an Fähigkeiten und Kompetenzen, die rechtlichen Hürden seien so hoch, dass die Staatsanwälte nicht allzu große Lust verspürten, Delikten engagiert nachzugehen.

Fast auf grauer Liste gelandet

Österreich wäre wegen dieser Mängel fast auf die graue Liste von Staaten mit lückenhafter Geldwäscheprävention gesetzt worden, auf der sich damals unter anderen Uganda und Kirgistan befanden. Erst in letzter Sekunde und nach Zusage deutlicher Verbesserungen konnte die Peinlichkeit abgewendet werden.

Dass sich Wien seither mehr bemüht, muss anerkannt werden. Die FMA meint sogar, dass die österreichischen Anti-Geldwäsche-Standards mittlerweile besonders hoch seien. Ob diese Feststellungen stimmen, lässt sich objektiv kaum nachvollziehen. Eines scheint aber sicher: Die Sünden der Vergangenheit wirken immer noch nach. (Andreas Schnauder, 21.9.2020)