Und sie bewegt sich doch – rechtzeitig zum Wiener Wahlkampf: Nachdem Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) zur Jahresmitte gewichtige Entscheidungen zu Österreichs Luftraumüberwachung kurzerhand aufgeschoben hatte, verkündete die Ressortchefin Montagmittag immerhin, welche neuen Helikopter das finanzmarode Militär nun anschaffen darf. "Wir investieren in die Sicherheit Österreichs", dozierte Tanner im Hof der Rossauer Kaserne, dem Sitz des Verteidigungsministeriums, an der Seite von Generalstabschef Robert Brieger.

Verteidigungsministerin Tanner Montagmittag mit Generalstabschef Brieger: Sticheleien setzte es in Richtung Manching.
Foto: APA / Herbert Neubauer

Nach dem zwei Jahrzehnte währenden Wirbel rund um die Eurofighter sollte es diesmal ein Government-to-Government-Deal mit einem Volumen von rund 300 Millionen sein, für das Bundesheerbudget der größte Brocken seit der Anschaffung der ungeliebten Abfangjäger. Die Entscheidung, als Ersatz für die hochbetagten Alouette III neue, leichte Mehrzweckhubschrauber anzuschaffen, hatte freilich Türkis-Blau bereits im Sommer 2018 gefällt.

Nachdem der Generalstab hinter den Kulissen seit Monaten auf mehr Tempo gedrängt hatte, sickerte am Wochenende vorab schon via "Kronen Zeitung" durch, dass die Wahl auf den italienischen AW 169 M von Leonardo gefallen ist. Achtzehn Stück will die Republik unter Einbindung der Finanzprokuratur jetzt kaufen, davon sollen ein Dutzend in Aigen im Ennstal, sechs in Langenlebarn für die Ausbildung stationiert werden.

Sticheleien gegen Airbus

Neben Truppentransporten kann der italienische Hubschrauber bei allen erdenklichen Katastrophen eingesetzt werden: Dreimal so viel Löschwasser fasst er im Vergleich zur alten Alouette; beim Überstellen von Corona-Patienten etwa kann der Innenraum der Maschine derart isoliert werden, dass für die Besatzung keinerlei Infektionsgefahr besteht.

Schwerer und höher, was die Betriebskosten betrifft, ist der Hubschrauber vom italienischen Hersteller Leornardo: Doch derartige Einwände wurden am Montag gekonnt vom Stehtisch gewischt.
Foto: Italienisches Verteidigungsministerium

Dennoch galten bis zuletzt die Hubschrauber von zwei weiteren Herstellern mit als Favoriten: Bell aus den USA und Airbus, dessen Defence & Space-Sparte den Sitz in Manching bei München hat – doch mit letzterem Konzern hat sich Tanner bekanntlich im Zuge der Abfangjäger-Causa überworfen.

Bei der Präsentation ihrer jüngsten Entscheidung sparte Tanner wieder nicht mit Spitzen gegen Airbus. "Gerade die Eurofighter-Beschaffung hat uns gezeigt, wie es nicht sein soll", erklärte sie, und: "Meine persönliche Meinung ist bekannt. Wir sind in verschiedenen Gerichtsverfahren."

Warum Amerikaner und Deutsche nicht den Zuschlag bekamen, hielt das Verteidigungsressort in einer Unterlage hochoffiziell aber so fest: "Mit dem von den USA forcierten Bell 429 ist eine Kooperation in den Bereichen Betrieb, Ausbildung und Logistik auszuschließen, da dieser Hubschrauber bei den US-Streitkräften nicht betrieben wird." Und Deutschland beabsichtige "die Beschaffung von circa 60 Airbus-Helikoptern, "die ab Oktober 2024 zulaufen sollen". Aber, leider: "Nachdem die Alouette Ende 2023 abzustellen ist, entsteht hier für das Bundesheer eine Fähigkeitslücke von mehreren Jahren."

Austria First

Tanner selbst führte auch an, dass Österreich bei der Wartung nicht auf seine Autarkie verzichten wolle, hier gehe es darum, heimische Arbeitsplätze zu sichern, das wäre bei einem Deal mit Deutschland nicht möglich. Fragen, warum es der schwergewichtigere Leonardo wird, der deutlich höhere Betriebskosten verzeichne, wurden am Montag gekonnt vom Stehtisch gewischt. Brieger versicherte jedoch, dass man die verschiedenen Angebote "wertfrei" geprüft habe.

Neos-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos meint, mit ihrem Airbus-Streit habe die Ministerin das Bundesheer "in eine Lage manövriert", die gar keine andere Möglichkeit bot, als trotz der hohen Betriebskosten nun allein mit den Italienern zu verhandeln. SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer kritisiert, dass Tanner dem Parlament weder in öffentlicher noch in vertraulicher Sitzung die grundlegenden Daten der verschiedenen Angebote dargelegt habe.

Fest steht jedenfalls: Mitte 2022 soll der erste Heeresheli aus dem Süden landen. (Nina Weißensteiner, 21.9.2020)