Holt als erste deutsche Regisseurin einen Emmy-Award: Maria Schrader.

Foto: Imago Images

Unorthodox war diese Emmy-Verleihung für Maria Schrader gleich aus mehreren Gründen. Zunächst fand die Auszeichnung, der aktuellen Lage geschuldet ohne Red Carpet und ohne Publikum statt. So wie die anderen Nominierten verfolgte auch die Regisseurin mit ihrem Team die Gala aus Los Angeles per Videostream. Den Preis erhielt sie dann für die Netflix-Serie Unorthodox über eine junge Jüdin, die aus dem engen Korsett ihrer Religion auszubrechen versucht. Schrader ist damit die erste Deutsche, die als Regisseurin bei den Emmy Awards ausgezeichnet wurde.

Unorthodox ist auch der Werdegang Schraders. Ins Regiefach wechselte die gebürtige Hannoveranerin sozusagen im zweiten Bildungsweg. Ihre Karriere begann die 54-Jährige als Schauspielschülerin am Max-Reinhardt-Seminar in Wien. Nach mehreren Film- und Fernsehrollen schaffte sie es 1999 mit dem Nazi-Liebesdrama Aimée und Jaguar in die erste Liga deutscher Darstellerkunst. Mit Filmen wie Väter von Dani Levy, Rosenstraße von Margarethe von Trotta oder In Darkness von Agnieszka Holland ist sie dort seither fester Bestandteil. Keine Berührungsängste mit Serien zeigt sie demnächst wieder als skrupellose DDR-Agentin in dem von Amazon Prime fortgesetzten Spionagekrimi Deutschland 89.

Unorthodox ist Schraders dritte Regiearbeit. Talentproben lieferte sie von Beginn an: 2005 verfilmte sie erfolgreich den Bestseller Liebesleben von Zeruya Shalev. 2016 heimste sie für Drehbuch und Regie in Vor der Morgenröte mit Josef Hader als Stefan Zweig Preise und Kritikerlob ein.

Als Regisseurin wird ihr leidenschaftlicher Einsatz nachgesagt. Sie nehme Stimmungen sehr stark auf, sagt Schrader über sich selbst. Das sieht sie weniger als typischen Ausdruck einer weiblichen Regiehandschrift denn als unverhandelbaren Auftrag, ihren eigenen Weg zu gehen.

Soeben hat Schrader den TV-Dreh für die romantische Comedy Ich bin dein Mensch abgeschlossen, in der es um die Begegnung zwischen einer Frau und einem humanoiden Roboter geht. Bei den Emmy Awards setzte sich die Mutter einer Tochter gegen Schwergewichte wie Little Fires Everywhere und Watchmen durch. Eine solche Erfolgsbilanz macht Streamingplattformen auf Talentsuche hellhörig. Auf die umtriebige Filmfrau dürfte jetzt viel Arbeit zukommen – und im schlimmsten Fall noch einige Preisverleihungen mehr, die sie vom Wohnzimmer aus verfolgt. (Doris Priesching, 21.9.2020)