Wien – Als eine von vielen Folgen jener verhängnisvollen Nacht auf Ibiza begannen vor 16 Monaten Ermittlungen gegen sechs FPÖ-nahe Vereine. Diese Untersuchungen zu verdeckten Parteispenden über Vereine sind nun zur Gänze eingestellt worden. Das bestätigte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Montagabend der APA. Nicht mehr ermittelt wird demnach gegen den ehemaligen Parteichef Heinz-Christian Strache, der im Ibiza-Video mit Umgehungskonstrukten geprahlt hatte, gegen dessen einstigen Klubchef Johann Gudenus sowie den Ex-Nationalratsabgeordneten Markus Tschank.

Laut einer der APA vorliegenden Benachrichtigung an die Rechtsvertreter der Betroffenen besteht "kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung". Prahlereien im Ibiza-Video über das Schleusen der Gelder über parteinahe Vereine am Rechnungshof vorbei hatten die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft auf den Plan gerufen. Im Fokus der Ermittler standen die Vereine "Patria Austria", "Austria in Motion" und "Wirtschaft für Österreich" sowie das "Institut für Sicherheitspolitik".

Zwar wurden die Ermittlungen zu den Vereinsspenden eingestellt, das Ibiza-Video wird Strache und Gudenus jedoch noch länger begleiten.
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Casag-Ermittlungen gehen weiter

Die Wiener FPÖ sieht sich durch die Ermittlungseinstellung bestätigt. Die von Landesparteichef Dominik Nepp eingeleitete Sonderprüfung habe bereits gezeigt, "dass kein Cent aus irgendwelchen Vereinen an die FPÖ geflossen ist", so der Landesparteisekretär der Wiener FPÖ, Michael Stumpf. Damit seien die Vorwürfe "endgültig vom Tisch".

Straches Rechtsanwalt Johann Pauer kommentierte die Einstellung am Montagabend gegenüber dem STANDARD so: Die WKStA habe – dem Objektivitätsgebot folgend – "zahlreiche bisher nicht veröffentlichte Passagen des Ibiza-Videos zum Ermittlungsakt genommen. Diese haben meinen Mandanten nicht nur entlastet, sondern ergeben auch ein völlig anderes Bild, als jenes, welches durch die von 'Süddeutscher Zeitung' und 'Spiegel' ausgewählten Passagen vermittelt wurde."

In der Causa zur Postenbesetzung bei den Casinos Austria wird laut WKStA noch weiter ermittelt. Strache und Gudenus stehen hier ebenfalls im Visier, aber auch der damalige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) und (Ex-)Aufsichstratsmitglieder des Glücksspielkonzerns.

Über eine dritte Person gespendet

Zuletzt hätten sich die Ermittler mit verdeckten Spenden eines Kärntner Unternehmers an "Austria in Motion" befasst, hieß es in einem Bericht des "Profil" Ende August. Er soll über eine dritte Person veranlasst haben, dass Firmengelder in der Höhe von 17.000 Euro an "Austria in Motion" fließen.

Dieser Strohmann gab als Zeuge zu Protokoll, dass der Geldgeber "beruflich in Wien Fuß fassen wollte und sich Hilfe von der FPÖ erhoffte". Der Geschäftsmann rechtfertigte sich bereits damals mit einem Gesellschafterbeschluss und ging von einer baldigen Einstellung des Verfahrens aus.

Zweites Drogenverfahren gegen Gudenus eingestellt

Die Drogenvorwürfe gegen Gudenus dürften nun endgültig "Schnee von gestern" sein. Die Staatsanwaltschaft Wien hat nun auch das Verfahren wegen auf Visitenkarten gefundener Kokainspuren eingestellt, berichtete die "Kronen Zeitung" am Montag. Ein entsprechender Bescheid liegt auch der APA vor. Demnach besteht "kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung".

Ermittelt hatte die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift. Bei der im Zuge der Casinos-Affäre bei Gudenus im August 2019 durchgeführten Hausdurchsuchung waren Spuren von Kokain auf Visitenkarten gefunden worden. Nun wurden die Ermittlungen eingestellt.

"Schnee von gestern"

Bereits zuvor war ein weiteres Verfahren gegen den ehemaligen FPÖ-Politiker eingestellt worden. Dieses stand in Zusammenhang mit Fotos, die im Vorfeld des Ibiza-Videos aufgenommen worden waren und die Gudenus in einschlägiger Pose über ein Tischchen gebeugt zeigen. Die Staatsanwaltschaft Wien stellte die Causa wegen Verjährung ein. "Das ist Schnee von gestern", hatte Gudenus die aufgetauchten Bilder kommentiert.

Gudenus kommentierte die Einstellung des zweiten Verfahrens nicht weiter. Er beteuerte aber, dass nun alle Ermittlungen wegen Drogendelikten gegen ihn eingestellt seien.

Strache und FPÖ reagieren auf Einstellung

Auch Strache sieht sich durch die Einstellung der Ermittlungen bestätigt. Die Einstellung sei erfolgt, "wie ich dies auch stets prognostiziert habe", erklärte er in einer Aussendung am Dienstag. "Außerdem belegt dies nun eindrucksvoll die in der Zweiten Republik beispiellose Hetzkampagne gegen meine Person, und auch die medial befeuerten Vorverurteilungsmaschinerien – wie angeblich falscher Wohnsitz und Ibiza-Video – platzen wie Seifenblasen", so Strache.

Auch die FPÖ habe die Einstellung der Ermittlungen erwartet, meinte deren Generalsekretär Micheal Schnedlitz am Dienstag: "Für uns war von Anfang an klar, dass über diese Vereine keine Parteienfinanzierung stattgefunden hat. Wir freuen uns, dass nun auch die WKStA durch die Einstellung des Ermittlungsverfahrens das bestätigt hat." Gleichzeitig äußerte Schnedlitz die Hoffnung, dass im noch laufenden Ermittlungsverfahren rund um die Spesen-Vorwürfe gegen Strache die Behörden "rasch vorankommen". "In diesem Verfahren ist die FPÖ als Geschädigte geführt. Wir freuen uns auf den Tag, an dem in dieser Causa die Anklage fertiggestellt ist, damit auch dieses Kapitel rasch abgeschlossen werden kann."

"Politische Genugtuung"

Für den Klubobmann der Freiheitlichen, Herbert Kickl, ist die Einstellung des Verfahrens auch eine "politische Genugtuung", wie er am Dienstag in einer Pressekonferenz sagte. Kickl war zwar nicht als Beschuldigter geführt, wurde aber laut eigener Wahrnehmung nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos aus dem "Innenministerium entfernt", da er als einstiger Generalsekretär seiner Partei an strafrechtlich relevanten Konstrukten hätte beteiligt sein können. "Wir haben von Anfang an klargestellt, dass es hier nichts gibt, das man uns in irgendeiner Form vorwerfen kann", kommentierte Kickl die Einstellung der Causa durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Er glaubt, dass auch weitere Verfahren, die seine Partei betreffen, eingestellt werden – mit Ausnahme der Spesen-Causa von Heinz-Christian Strache, bei der die Freiheitlichen ja als Opfer geführt würden.

Strache bedankte sich indes bei den Ermittlern: "Ich bedanke mich an dieser Stelle ausdrücklich bei den ermittelnden Behörden für ihr vorbildliches und rechtsstaatlich korrektes Vorgehen und bin der Überzeugung, dass sich auch alle anderen unfairen Anschuldigungen, die meine ehemaligen Mitstreiter gegen mich erheben, schon bald in Luft auflösen werden."

Thema für SPÖ und Neos noch nicht abgehakt

Doch auch nach der Einstellung der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft werden die mutmaßlichen verdeckten FPÖ-Parteispenden den Ibiza-Untersuchungsausschuss im Parlament noch weiter beschäftigen.

Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper überlegt neuerliche Ladungen. Zudem möchte sie über eine parlamentarische Anfrage die Veröffentlichung der Einstellungsbegründung einfordern. Überhaupt sprechen sich die Neos für eine generelle Veröffentlichungspflicht bei "clamorosen" Fällen aus, also Verfahren, die unter öffentlichem Interesse beziehungsweise medialer Berichterstattung ablaufen. Viele "clamorose" Verfahren liefen zwar mit einer Berichtspflicht, was zu Verzögerungen führe, wenn es allerdings zur Einstellung komme, würden die wenigsten dieser Entscheidungen auch veröffentlicht, kritisierte Krisper gegenüber der APA. Das sei eine "gehörige Schieflage" in Sachen Transparenz.

Man dürfe die strafrechtliche und die politische Verantwortung nicht vermischen, meinte SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried am Dienstag. "Auch wenn die Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft eingestellt wurde, ist sie politisch nicht zu Ende", betonte Leichtfried. Außerdem deutete er an, dass die SPÖ Auskunftspersonen, die sich wegen der strafrechtlichen Ermittlungen im Ausschuss der Aussage entschlagen hatten, nun neuerlich laden könnte. Leichtfried betonte, "dass manche, die sich entschlagen haben, sicherlich sehr interessante Zeugen sein werden für die Zukunft".

Das sieht auch Krisper so: Das Thema sei "gar nicht abgehakt", die Vereine seien weiterhin einer Beleuchtung würdig, sagte sie der APA. Für sie wäre es etwa eine Option, Tschank neuerlich in den U-Ausschuss zu zitieren. An dessen Immobilienfirma Imbeco soll Geld vom FPÖ-nahen "Institut für Sicherheitspolitik" geflossen sein, dessen Präsident er auch ist. Dieses wiederum soll über 200.000 Euro von Novomatic erhalten haben und wurde vom Verteidigungsministerium seit 2017 jährlich mit 200.000 Euro bedacht. Beteiligt waren an der Imbeco Strache und Gudenus, auch Nepp war stiller Teilhaber. Die Imbeco hat das Geld mittlerweile an das Institut zurücküberwiesen, ebenso wie eine zweite Tschank-Firma, Pegasus. (red, APA, 22.9.2020)