Alicia Keys – Alicia

Der ichbezogene Titel täuscht. Zwar hat Alicia Keys ihre Egozentrik nicht über Bord geworfen, doch die street-toughe New Yorkerin kommt mit Ende 30 drauf, dass wir doch alle im selben Boot sitzen – nur halt nicht in derselben Kabine. Ihr aus bekannten Gründen verschobenes Album Alicia trägt dem mit nachdenklichen Songs Rechnung. Dafür baut sie auf oft gehörte Rezepte: basslastige Musik, die zwischen Auto-Tune, Pathos, Reggae, Steel-Drums und R ’n’ B traumwandelt. Nicht schlecht, andererseits halt das doch Leiden einer Privilegierten.

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A Certain Ratio – ACR loco

Die britische Band A Certain Ratio stand immer im Schatten berühmter Labelkollegen wie Joy Division oder New Order. Ihr erstes Album in zwölf Jahren, ACR Loco, bestätigt das als Form der Ignoranz. ACR nahmen die spätere Tanzwut der "Madchester"-Ära um viele Jahre vorweg, indem sie sich einer zappeligen Mischung aus kühlem Funk und Disco bemächtigten, dem noch etwas French Cinema übergestülpt wurde. ACR Loco zeigt, dass diese Rezeptur zeitlos ist. Tolle Songs, Partymusik für Tänzer und bierfaule Arschhocker gleichermaßen.

Mute

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L7 – Smell The Magic – 30th Anniversary Edition

Grindiger Bikerrock hat immer Saison. Dementsprechend zelebrieren L7 das 30-jährige Jubiläum von Smell The Magic. Was immer man sich in seiner dreckigen Fantasie unter dem Titel ausmalt, ja, so ist es. Vier wilde Weiber aus Los Angeles veröffentlichten zur hohen Zeit des Grunge ihre motoröligen Bikersounds auf Sub Pop. Songs wie Shove oder Till The Wheels Fall Off zählen zu Evergreens der schlechten Laune. Der Rest ist Migräne, Kater, depperte Typen und zu hoher Benzinpreis. Der Stoff, aus dem der amerikanische Albtraum gebaut wird.

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(Karl Fluch, 22.9.2020))