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Das im Bau befindliche Kraftwerk nahe Bridgwater.

Foto: Reuters / Peter Nicholls

Luxemburg – Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Dienstag die österreichische Klage gegen Staatshilfen für das geplante britische Atomkraftwerk Hinkley Point C endgültig abgewiesen. "Der Gerichtshof bestätigt den Beschluss, mit dem die Kommission die britischen Beihilfen zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point C genehmigt hat", teilte der EuGH am Dienstagvormittag mit. Österreich hatte gegen diesen Beschluss 2015 Klage eingebracht. Staatliche Beihilfen für den Neubau eines Atomkraftwerks seien mit dem europäischen Binnenmarkt vereinbar. Es sei nicht erforderlich, "dass mit der geplanten Beihilfe ein Ziel von gemeinsamem Interesse verfolgt wird", teilte das Gericht mit.

Der Gerichtshof bestätigte zwar die Einwände, wonach Staatsbeihilfen zugunsten eines Wirtschaftszweigs nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden können, wenn sich herausstellt, dass sie gegen den Bereich der Umwelt betreffende Vorschriften des Unionsrechts verstoßen. "Der Rechtsfehler, der dem Gericht insoweit unterlaufen ist, hat sich aber letztlich nicht auf den Tenor des angefochtenen Urteils ausgewirkt. Denn der Grundsatz des Umweltschutzes, das Vorsorgeprinzip, das Verursacherprinzip und der Grundsatz der Nachhaltigkeit, auf die sich Österreich zur Stützung seiner Nichtigkeitsklage berufen hat, stehen jedenfalls nicht dem entgegen, dass staatliche Beihilfen für den Bau oder den Betrieb eines Kernkraftwerks gewährt werden", hieß es. Dem Vereinigten Königreich stehe es frei, die Zusammensetzung seines Energiemixes zu bestimmen.

Unterstützung von Luxemburg

Österreich war bereits 2018 in erster Instanz mit seiner Klage gegen Staatsbeihilfen für das AKW Hinkley Point C beim EuGH abgeblitzt. Gegen das Urteil hatte Österreich umgehend Berufung eingelegt, weil auf einige Punkte der österreichischen Argumentation in dem Urteil nicht eingegangen wurde. In dem Verfahren wurde Österreich von Luxemburg unterstützt, die EU-Kommission hingegen von Großbritannien, Tschechien, Frankreich, Ungarn, Polen, Rumänien und der Slowakei.

Die EU-Kommission hatte die Staatsbeihilfen im Oktober 2014 genehmigt. Dabei geht es unter anderem um eine garantierte Ausgleichszahlung für den AKW-Betreiber, falls das Kraftwerk aus politischen Gründen vorzeitig abgeschaltet wird. Großbritannien hatte den Betreibern einen hohen garantierten Einspeistarif für 35 Jahre zugesagt.

"Ernüchterndes Ergebnis"

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) sieht im EuGH-Urteil ein "ernüchterndes Ergebnis". Grünes Licht für staatliche Beihilfen für Atomkraftwerke sei "eine Fehlentwicklung in Europa, gegen die wir entschieden auftreten werden", kündigte Gewessler am Dienstag an.

Da ein "veralteter Euratom-Vertrag" Basis der Entscheidung gewesen sei, müsse Österreich mit aller Kraft auf eine Reform von Euratom drängen. Gewessler sucht nun Verbündete, um eine "Vertragsstaatenkonferenz" der Mitgliedsländer für eine grundlegende Reform des Vertrags einzuberufen. Für die Einberufung sei eine Mehrheit ausreichend, so Gewessler, die allerdings einräumte, dass die inhaltliche Entscheidungen dann einstimmig fallen müssen. Gewessler hat ein Gutachten bei der Europarechts- und Beihilfenexpertin Dörte Fouquet in Auftrag gegeben, das ausloten soll, welche Änderungen im Euratom-Vertrag vorzuschlagen sind.

Das Urteil des EuGH sei "keine gute Nachricht" für Österreichs Bemühungen, Beihilfen für andere Atomkraftwerke zu verhindern. So hat Österreich gegen Beihilfen für das ungarische AKW Paks 2 geklagt, dieses Verfahren war bis zum aktuellen Urteil ruhend gestellt. Es sei wahrscheinlich, dass sich das Urteil zu Paks 2 auch am Urteil zu Hinkley Point orientieren werde, so die Ministerin.

Weltweit werde "aus gutem Grund" deutlich mehr Geld in erneuerbare Energieträger als in Atomkraftwerke investiert, sagte Gewessler. Das gelte sogar für China. "Unsere Arbeit für ein atomkraftfreies Europa geht weiter. Atomkraft ist und bleibt eine Hochrisikotechnologie, veraltet, langsam und teuer."

Alternative Energien fördern

Aus der Sicht Österreichs sind alternative Energieformen förderungswürdig, nicht aber die Kernkraft. Außerdem wurde der Kritikpunkt der Wettbewerbsverzerrung geäußert. Großbritannien hat unter anderem argumentiert, dass Investitionen notwendig seien, um den Strombedarf des Landes auch in den nächsten Jahrzehnten noch decken zu können.

Der vom französischen Staat kontrollierte Stromkonzern EDF will das AKW in der Nähe von Bristol an der Küste Südwestenglands unter Beteiligung eines chinesischen Konzerns bauen. Es sollen Druckwasserreaktoren vom Typ EPR errichtet werden. Das Kraftwerk soll 2023 in Betrieb gehen und 60 Jahre laufen. Die Inbetriebnahme könnte sich allerdings verschieben. Aber auch wegen der hohen Kosten ist das Projekt nicht unumstritten. (APA, 22.9.2020)