Fast alle von uns hatten bereits Erfahrung mit Fernseh-, Radio- oder Zeitungsinterviews, und kaum einer war restlos mit dem Resultat zufrieden. Aus Sicht der Wissenschafterinnen und Wissenschafter kommen Botschaften häufig zu verkürzt, falsch fokussiert oder verdreht in der Öffentlichkeit an; manchmal auch zum unpassendsten Zeitpunkt. Zudem ist man oft mit dem eigenen Selbstbild unzufrieden, mal liegt es an der Frisur, an der Kleidung, an der Gestik oder auch an der Stimme.

Natürlich brennen wir alle für unser Fach und wollen gerne unsere Projekte, Methoden und Ergebnisse über unsere Fachkollegen hinaus auch der allgemeinen Öffentlichkeit vermitteln. Wir wollen schließlich Forschung mit gesellschaftlicher Relevanz machen. Grund genug, sich mit Profis von der Firma Newsroom zusammenzusetzen, diese Herausforderung von der anderen Seite – aus Sicht der Medien – zu betrachten.

Anna Artaker beim Workshop.
Foto: Junge Akademie

Reporterinnen und Reporter wollen in erster Linie eine gute Geschichte erzählen und sind dabei häufig unter enormem Zeitdruck. Für das sorgfältige Anführen und Abwägen aller Argumente, wie wir es in der Wissenschaft gewohnt sind, bleibt im hektischen Redaktionsalltag kein Platz. Sätze müssen kurz und eindrücklich formuliert werden, die Sprache soll klar sein und möglichst ohne Fachwörter auskommen. Das fällt vielen von uns schon allein deswegen schwer, weil die Sprache der Forschung in vielen Fächern längst ausschließlich Englisch ist.

Zielpublikum und die eigene Rolle

Viele von uns sehen in erster Linie den Reporter oder die Reporterin als Gegenüber, ohne sich genauer zu überlegen, wer denn das eigentliche Zielpublikum ist. Es zahlt sich aus, nicht nur das Thema einer Sendung vorab abzuklären, sondern auch die eigene Rolle darin (Erklärer oder Verfechter einer bestimmten These zu einem Konfliktthema? Einspielung als Kurzzitat oder länger?) – nicht zuletzt, um abschätzen zu können, wie viel Energie man in die Vorbereitung steckt.

Als Wissenschafterin und Wissenschafter ist man gewohnt, möglichst genau und umfassend auf Fragen zu antworten. Ausschließlich die eigene Position in aller Knappheit – womöglich sogar als Einzeiler – zu kommunizieren ist in der Fachwelt selten gefragt und wird deswegen wenig geübt.

Während es für die Zuseherinnen und Zuseher mühsam sein kann, wenn man Fragen missachtet und einfach völlig andere Themen bespricht (wie wir das von so manchen Politikerinnen und Politikern kennen), können Expertinnen und Experten Interviews durchaus auch nutzen, Antworten auf eine höhere Ebene zu verlagern, anekdotenhaft mit Einzelbeispielen zu antworten oder den Fokus der Frage leicht zu verschieben, um die eigene Botschaft anzubringen. Schließlich wollen Wissenschafterinnen und Wissenschafter wohl selten aus strategischen Gründen Fragen ausweichen, sondern sind vielleicht bemüht, das Interview auf fachlich wichtige Themen zu lenken. Dabei gilt es zu beachten, dass ein Fernsehinterview für die breite Öffentlichkeit weder eine Prüfung ist, noch dabei über die Einwerbung von Forschungsgeldern entschieden wird.

Fazit des Tages

Besonders hilfreich waren auch (sprach-)technische Tipps wie das Formulieren kurzer, vollständiger Sätze mit kleinen Pausen dazwischen, die das Schneiden des Materials vereinfachen und damit sicherstellen, dass die Journalistinnen und Journalisten die Aussagen in vollem Umfang verwenden können. Der Fokus auf gestikulierende Hände, wie man sie oft im Fernsehen sieht, wird als Trick verwendet, um Schnitte zu kaschieren! Als Aha-Erlebnisse haben wir empfunden, dass zur Interviewvorbereitung weniger das Studium der neuesten Fachliteratur in vollem Umfang gehört, sondern die Überlegung, welche Botschaft man im Interview anbringen will, dass eine zweite Person als Unterstützung bei wichtigen Interviews sehr hilfreich sein kann, dass vorab geschickte Fragen auch als Verhandlungsbasis über die Interviewinhalte begriffen werden können und dass passende Kleidung für eine spontane Anfrage im Büro hängen sollte.

Was war das wichtigste Fazit des Tages? Lernen, den eigenen Stil und die eigenen Stimme zu finden und die eigene Botschaft in knappen Worten zu formulieren. Die eigene Rolle in einem Interview verstehen und gezielt sagen, was einem wichtig ist, anstatt – vielleicht vergeblich – auf die richtige Frage zu warten. (Anna Artaker, Maximilian Hartmuth, Julia Lajta-Novak, Barbara Metzler, Anna Obenauf, Ljiljana Radonic, Katharina Rebay-Salisbury, Johannes Schmidt, 24.9.2020)