Ex-Dayli-Chef Rudolf Haberleitner sah sich mit Forderungen in der Höhe von 112,9 Millionen Euro konfrontiert, wurde aber freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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Linz – Der 2019 begonnene Strafprozess gegen Ex-Dayli-Chef Rudolf Haberleitner hat am Dienstag in Linz für ihn mit einem Freispruch und dem Angebot einer Diversion geendet. In dem Fall ging es um die Pleite der Drogeriemarktkette im Jahr 2013, durch die 3.500 vor allem weibliche Beschäftigte ihre Jobs verloren, und Forderungen in der Höhe von 112,9 Millionen Euro. Das Urteil des Landesgerichts ist nicht rechtskräftig.

Freispruch "mangels Schuldbeweis"

Dem Angeklagten war die grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen vorgeworfen worden. Der Freispruch "mangels Schuldbeweises" erfolgte, weil das Gericht nur die Strafbarkeit seines Verhaltens und Agierens zu beurteilen hatte.

Haberleitner wurde freigesprochen, weil sein Verhalten nicht als Ursache für die Pleite des Unternehmens festzustellen sei, hieß es in der Urteilsbegründung. Dass nicht sofort nach dem Rücktritt des Aufsichtsrates ein neuer bestellt worden sei und Geschäftsberichte Einblick über die wahre wirtschaftliche Lage gebracht hätten, wenn sie nicht verspätet erstellt worden wären, sei nicht kausal für die Zahlungsunfähigkeit verantwortlich und ihm nicht anzulasten.

Weiters habe es Defizite in der IT der Firma gegeben. Das sei bei der Übernahme bekannt gewesen. Die Behebung wäre Aufgabe des früheren Managements gewesen. Ihm seien jedoch von Schlecker Deutschland die Hände gebunden gewesen, weil dies 8 Millionen Euro gekostet und ein Jahr gedauert hätte. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gab zu dem Urteil keine Erklärung ab, es ist somit nicht rechtskräftig. Ein mitangeklagter Geschäftsführer war schon im Mai rechtskräftig freigesprochen worden.

Kein "Persilschein"

Der Freispruch mangels Schuldbeweis sei jedoch kein "Persilschein". So habe der Sachverständige in dem Verfahren das von Haberleitner verfolgte Sanierungskonzept mit einer Umgestaltung der ehemaligen Schleckerfilialen zu einer Art modernen Tante-Emma-Laden und einer Expansion als realitätsfremd und utopisch eingestuft. Außerdem habe ihm die Qualifikation als Sanierer gefehlt. Doch darüber hinaus habe er ein "totes Pferd geritten".

Denn schon seit 2003 habe Schlecker Österreich überwiegend negative Ergebnisse erzielt und sei in einem Schrumpfungsprozess gewesen. Es habe vom Wachstum der Drogeriebranche nicht profitiert. Als Haberleitner das Unternehmen am 31. Juli 2012 übernahm, sei es nicht mehr sanierbar gewesen – nachträglich betrachtet wäre es besser gewesen, den Insolvenzantrag zu stellen.

Haberleitner wies die Schuld an der Insolvenz im Jahr 2013 von sich. Er begründete sie damit, dass die von ihm geplante Sonntagsöffnung verhindert worden sei. Dies und der Ausstieg des Investors Novomatic im Mai 2013 sei der Anfang vom Ende gewesen. Daraufhin seien "zwei Banken abgesprungen".

Zahlungsunfähigkeit

Die Privatbeteiligten wurden nach dem Freispruch mit ihren nicht unerheblichen Forderungen auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Zuvor war schon ein weiterer Punkt der Anklage, dass sich Haberleitner noch nach dem Eintreten der Zahlungsunfähigkeit am 31. 3. 2013 Geschäftsführerbezüge in der Höhe von 26.666,67 Euro auszahlen ließ, aus dem Verfahren ausgeschieden worden. Er übernahm jedoch die Verantwortung für den angeklagten Punkt und versprach Schadenswiedergutmachung. Das Geld dafür befindet sich auf einem Treuhandkonto. Somit könnte dies unter Berücksichtigung seines Alters von 75 Jahren und seiner bisherigen Unbescholtenheit mit einer Diversion erledigt werden. Allerdings müsste zuerst der Freispruch rechtskräftig werden, außerdem wäre eine Geldbuße von 1.500 Euro fällig.

Der Anklagepunkt, dass sich Haberleitner noch nach Eintreten der Zahlungsunfähigkeit über 26.000 Euro an Geschäftsführerbezügen auszahlen ließ, wurde aus dem Verfahren ausgeschieden. Er übernahm aber die Verantwortung für den Vorwurf. Daraufhin bekam er das Angebot einer diversionellen Erledigung, wenn er Schadenswiedergutmachung leistet und eine Geldbuße von 1.500 Euro bezahlt. Dies ist aber davon abhängig, dass der Freispruch rechtskräftig wird. Ein mitangeklagter Geschäftsführer war schon im Mai rechtskräftig freigesprochen worden. (APA, red, 22.9.2020)