Pro
von Eric Frey
Okay, die Zeiten sind nicht lustig. Das Coronavirus ist ein ziemlicher Spielverderber – im besten Fall; im schlechtesten bringt es Krankheit und Tod. Aber wenn wir in ferner Zukunft auf das verrückte Jahr 2020 zurückschauen, was werden wir dann auf den Instagram-Accounts oder in den Fotoalben unserer Handys entdecken?
Gesichter, die von blauen, gelblichen oder gar schwarzen Stofffetzen verhüllt sind, als hätte eine Abspaltung der Taliban, die Männer und Frauen gleichermaßen unterdrückt, die Kontrolle über uns gewonnen? Wir würden uns dann wieder ganz mies fühlen.
Aber nehmen wir an, die Bilder sind voll von spaßigen Motiven auf unseren Südhalbkugeln. Dann würden wir uns daran erinnern, dass auch Corona seine guten Seiten hatte, dass wir froh waren, wenn wir Verwandte, Kollegen und Touristengruppen nicht ständig sehen mussten. Was zählt, ist die Erinnerung. Wenn wir dort ein Lachen einpflanzen, dann wird auch die Gegenwart erträglich.
Kontra
von Michael Möseneder
Stellen Sie sich einfach folgende Situation vor: Sie werden als Patient in den OP geschoben, das Ärzteteam ist versammelt – und dann sehen Sie es. Über die OP-Maske der Chirurgin schlängelt sich eine Äskulapnatter. Auf der des Anästhesisten steht groß: "Sweet dreams, Baby". Und eingedenk der Tatsache, dass Sie Austria-Wien-Shorts tragen, wirkt das SC-Rapid-Logo auf dem Mund-Nasen-Schutz des Assistenzarztes auch nicht unbedingt vertrauenserweckend. Oder?
Warum also verspüren manche den Drang, ihre Individualität oder Gruppenzugehörigkeit gerade in Pandemiezeiten über den Gesichtsfetzen auszudrücken?
Bei Jugendlichen ist das ja sogar noch nachvollziehbar, aber als Erwachsener muss man wirklich nicht allen Umstehenden verraten, dass man Jurist (Paragrafenzeichen!), Einhornfreundin (in Rosa!!) oder SCR-Fan (irgendwas mit "wetzen"!!!) ist. Vor dem Virus sind wir alle gleich, also kann der MNS ruhig uniform sein! (RONDO, 6.10.2020)