Ein ganz wunderbar lauschiger Gastgarten, der dieser Tage für einen hoffentlich langen, milden Herbst aufgerüstet wird.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Viel schöner als im Restaurant Schubert (so heißt das uralte, lange dahinsiechende Restaurant seit ein paar Jahren) kann man in der Wiener Innenstadt kaum draußen sitzen. Die Pracht des Gastgartens, leicht erhaben auf dem Weg zur Mölker Bastei, an einem der ältesten Orte der Hauptstadt, steht aber in strengem Kontrast zu den tief verwinkelten Kavernen der Gasträume, zu denen man hinabsteigen muss.

Was in diesem Herbst auf ersten Blick wie eine besondere Hypothek klingt – wer will schon in fensterlosen Feuchträumen auf das Virus warten? –, könnte bei genauerer Betrachtung auch eine Chance sein. Der von einer weiten Markise überdachte Garten ist ganzjährig gewidmet, und wenn der Herbst so weitermacht wie bisher, könnte das noch eine recht bemerkenswerte Frischluftsaison werden. Heizstrahler gibt es auch, die ruinieren zwar das Weltklima, derweil einmal retten sie aber, was von der Weltgastronomie noch übrig ist.

Handgetöpfert

Dass die Schubertstüberln auf ihre alten Tage jetzt auf einmal Thema sind, ist dem jungen Geschäftsführer Klaus Hartl zu verdanken. Er schupft das Lokal, das dem Südtiroler Weinhändler Franz Röll gehört, seit einem Jahr. Hartl fragte seinen Freund und früheren Arbeitskollegen Sascha Hoffmann, der für Hermann Botolen das Fuhrmann in der Josefstadt hochgekocht hatte, ob er nicht Lust auf ein Abenteuer hätte. Der junge, mehrfach dekorierte Koch sagte zu, aber nur unter der Bedingung, dass er in einem der Räume seine Töpferei einrichten dürfe. Das Formen von Tellern und Schüsseln ist ihm inzwischen ebenso wichtig wie die Kocherei.

Was soll man sagen: Das Geschirr kommt im Restaurant zum Einsatz, es sieht richtig gut aus, organische Formen, mit Geschmack und Feingefühl gewählte Farben, greift sich gut an. Was Sascha Hoffmann darauf anrichtet, hat es aber auch in sich. Dass er dem hierorts oft vernachlässigten Gemüse mit Talent zu Größe verhilft, hat er schon im Fuhrmann gezeigt.

Hier scheint er noch freier, mutiger, aber auch exakter geworden zu sein. Und das ist schon eine besondere Freude in einer Stadt, wo selbst feine Adressen alles Gemüse, das sich nicht wehren kann, gleich einmal zu Püree verarbeiten – so macht es beim Service kaum Arbeit und lässt sich als effektvolle Bremsspur über den Teller ziehen.

Was Sascha Hoffmann auf den selbst getöpferten Tellern anrichtet, hat es aber auch in sich.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Komm, Gemüse!

Hoffmann hingegen beugt sich richtiggehend hinunter zum Gemüse, um es entsprechend in Szene zu setzen und die individuellen Qualitäten herauszumeißeln. Dass er mit Robert Brodnjaks Krautwerk und der Gärtnerei von Evi und Mario Bach zwei der herausragendsten Produzenten an seine Seite geholt hat, hilft natürlich auch. Romanasalat grillt er knackig an und mariniert die Herzen mit einer Sauce aus Dirndln und Estragon – fantastisch fruchtiges Säurespiel, ebenso erfrischende wie komplexe Aromen, tolle, spätsommerliche Vorspeise.

Bach-Paradeiser werden als klare, kalte Essenz serviert, mit samtigem Frischkäse und ein paar zart marinierten Schnitzen verschiedener Varietäten, vor allem aber mit eingelegtem Holler, dessen tiefgründige Note sich extrem gut mit der Umami-Power der Paradeis verwebt.

Seesaibling wird knusprig – und eine Idee zu lang – gebraten, dazu macht Hoffmann ein köstlich knackiges und schmelziges Gemüse aus Zucchini und Artischocken. Gulasch gibt es auch, und was für eines: Endlich einmal mit ordentlich eingeschmorter Gallerte, mit tollem, dichtem Saft.

Ein bissl selbsteingelegtes Essiggemüse passt gut dazu, ebenso eine kleine, knusprig gebratene Chili-Käsekrainer. Die Weinkarte hält dazu gut mit, mit Klassikern aus Österreich und allerhand Überraschungen aus Italien – und die sind beinahe italienisch kalkuliert. (Severin Corti, RONDO, 25.9.2020)

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