Crytek
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Man kann es durchaus legendär nennen, wenn ein Spielename als Benchmark für maximale Hardwarebelastung durch Hochglanzgrafik zum geflügelten Wort wird. "Can it run Cryis?" ist als mal ernsthafte, mal ironische Frage an Highend-Hardware jeder neuen Prozessor- und Grafikkartengeneration inzwischen auch all jenen sattsam bekannt, die dieses Spiel nie gespielt haben. Der grafisch spektakuläre, 2007 erschienene Shooter brachte dank ambitionierter Grafikeinstellungen auch Hardware, die Jahre nach Release des Spiels erschien, an ihre Grenzen. Mit einer Remaster-Version will der in den letzten Jahren wirtschaftlich strauchelnde Entwickler Crytek an alte Größe anschließen und sozusagen das neue, alte Benchmark für die aktuellen Generationen an Highend-Grafikpower abgeben.

Crysis Remastered verspricht also, den schon klassischen First-Person-Shooter um den Kampf eines Supersoldaten technisch auf ein zukunftsweisendes oder zumindest zeitgemäßes Niveau zu heben. Verbesserte globale Beleuchtungseffekte, 8K-Texturen und Raytracing stehen auf der neuen Feature-Liste – nach einem unglücklichen Leak im Frühsommer, der für Enttäuschung auf Spielerseite gesorgt hat, hat Crytek in Sachen Grafikpracht in den letzten Wochen eigenen Angaben zufolge nochmal nachgebessert.

Spielerisch und inhaltlich hat sich dafür eigentlich gar nichts geändert: Crysis erweist sich in der erneuten Sichtung nach 13 Jahren als Verbindungsglied zwischen linearen, per Cutscene inszenierten First-Person-Shootern und dem offeneren Gameplay der ursprünglich ebenfalls von Crytek entwickelten Far Cry-Reihe, die ab 2008 von Ubisoft weitergeführt wurde. Wer das Original-Crysis nicht gespielt hat, hat mit dem Remaster die Gelegenheit, einen Beinahe-Open-World-Shooter noch ganz ohne das erst später für Far Cry 3 entwickelte Ubisoft-Patentrezept zu spielen.

Zu Beginn bekommt man es als grimmiger Soldat im Hightech-Anzug mit unzähligen nordkoreanischen Soldaten, später mit unheimlichen Aliens zu tun, die das tropische Inselparadies in eine gefrorene Eishölle verwandeln. Verschiedene Gefährte, dichte Vegetation und zerstörbare Umgebung lassen Raum für eigene Taktiken und Vorgehensweisen. Nach etwa zehn Stunden ist Schluss.

Crysis

Was ist gelungen?

Das Shooter-Gameplay ist dank der Notwendigkeit, zwischen Offensive und Vorsicht zu wechseln, recht abwechslungsreich, die Fähigkeiten des Nano-Suits sorgen für Variation. Betrachtet man "Crysis Remastered" abseits seines technologischen Anspruchs, findet man einen soliden, natürlich recht "klassischen" First-Person-Shooter, der ohne großes spielerisches Klimbim auskommt und durchaus seine beeindruckenden Momente hat. Vor allem die Zerstörbarkeit der Umgebung, ob in Form von Bäumen oder Hütten, ist nach wie vor höchst unterhaltsam.

Was ist weniger gelungen?

Misst man Crysis Remastered am eigenen Anspruch, erneut und weiterhin grafisch an den Grenzen des Möglichen zu kratzen, wird man enttäuscht werden: Tatsächlich bleibt der Unterschied zwischen dem Original und dieser Version für Nichtspezialisten nicht so spektakulär wie erwartet. Wohl lässt sich in Reflexionen, Wasser- und Lichteffekten sowie Texturenschärfe eine Weiterentwicklung feststellen, der große Wow-Effekt, der 2007 für den legendären Ruf sowohl des Spiels auch der Engine und ihrer Entwickler sorgte, fällt hier aber aus. Im Gegenteil: Gerade in Animationen und Gesichtern zeigt sich das Alter des Spiels auf unansehnliche Weise, und die üppige Vegetation scheint sogar ein bisschen weniger realistisch im Wind zu schwanken als vor 13 Jahren.

Dass auch die Remaster-Version wie das Original Probleme hat, mit Multithread-CPUs zu kooperieren, ist dabei fast schon ein Treppenwitz der Games-Geschichte. Immerhin: Auch auf diese Weise bleibt man dem Original treu, denn auch 2020 geraten ansonsten mächtige aktuelle PC-Gamesboliden wegen dieser Schwäche ins Stottern; von der wackeligen Performance der knapp vor ihrer Pensionierung stehenden Konsolengeneration ganz zu schweigen. Dass sich "Can it run Crysis Remastered?" als Grafik-Gretchenfrage durchsetzen wird, scheint trotzdem unwahrscheinlich.

Eine fehlende Flugmission zum Ende des Spiels sorgt übrigens ebenso wie die fehlende Option fürs Schnellspeichern und der eingesparte Multiplayer-Teil für Murren nicht nur unter Fans.

Crysis

Fazit

Manche Remaster-Versionen sind großartige Erinnerungen daran, wie gut manche Spiele waren, wenn man sie grafisch in die Gegenwart holt – bei Crysis Remastered ist das leider nicht der Fall. Die technische Verjüngungskur ist nicht so revolutionär ausgefallen wie erhofft; und das Spiel, das darunter zum Vorschein kommt, ist ganz ohne den Hochglanz-Wow-Effekt auch nur solide. Schade: Diese Neuauflage ist eine Enttäuschung nicht nur für Grafikfetischisten. (Rainer Sigl, 26.9.2020)