Vergangene Woche machte unser innerer Nachbarplanet Schlagzeilen. Forscher gaben die Entdeckung eines giftigen Gases in der Venusatmosphäre bekannt, dessen Herkunft derzeit nicht erklärt werden kann. Monophosphan, so heißt die Verbindung, wird auf der Erde von manchen Bakterien produziert. Könnte es in den dichten Wolken der Venus mikrobielles Leben geben? Das lässt sich aus den bisherigen Daten weder bestätigen noch ausschließen. Klar ist nur: Es braucht viel Forschung, um den Ursprung des Gases finden zu können – und eine Raumsonde, die Messungen vor Ort macht.

Ein seltenes Molekül in der Venusatmosphäre gibt Rätsel auf.
Illustration: ESO/M. Kornmesser/NASA/JPL/Caltech

Die Venus darf künftig mit größerer Aufmerksamkeit rechnen, mehrere Weltraumagenturen bekundeten bereits ihr Interesse an neuen Missionen. Das vielversprechendste Ziel für die Suche nach Leben bleibt aber vorerst unser anderer Nachbar, sagt der Astrophysiker Manuel Güdel von der Universität Wien. "Ich denke, dass der Mars ein idealer Planet ist, um die Suche weiterzutreiben. Es bestehen durchaus Aussichten, dass es dort Leben geben könnte."

Neues vom Nachbarn

Zwar ist die Oberfläche des Roten Planeten durch die starke ultraviolette Strahlung lebensfeindlich, aber im geschützten Boden gibt es interessante chemische Verbindungen – und gefrorenes Wasser. Der Vorteil: Auf dem Mars gibt es bereits viel Infrastruktur, Sonden können dort auch tief in den Boden graben. Erst diesen Sommer sind drei weitere Missionen zum Mars aufgebrochen. "Da werden wir schon bald sehr viel mehr hören", sagt Güdel.

Abseits unserer beiden Nachbarwelten erscheinen vor allem drei Himmelskörper im Sonnensystem für die Suche nach außerirdischem Leben interessant: Monde der Planeten Jupiter und Saturn. Da wäre etwa Europa, der viertgrößte Jupitermond, der in vielen Hinsichten eher an einen eisigen Planeten erinnert als an einen kargen Trabanten. Er besitzt einen Schalenaufbau mit Eisenkern und einen riesigen Ozean aus flüssigem Wasser, der unter einem dicken Eispanzer verborgen ist.

Der Jupitermond Europa beherbergt einen gigantischen Ozean – unter einer dicken Eisdecke. Dort könnte es durchaus lebensfreundlicher sein als auf seiner Oberfläche.
Foto: Nasa

Eisige Springbrunnen

Forscher halten es für möglich, dass das Wasser durch heiße Quellen erwärmt wird und einfaches Leben zulassen könnte. "Das Problem ist, man kann das von außen nicht messen, man muss hinfliegen und ein Loch bohren, womöglich viele Kilometer tief – das ist extrem schwierig", sagt Güdel. Es mehren sich aber Hinweise, dass Europa Wasserfontänen aus seinem unterirdischen Reservoir ins All spuckt, deren Zusammensetzung sich leichter untersuchen ließe.

Ähnlich verhält es sich mit dem Saturnmond Enceladus: Auch er ist ein Eismond, der unter seiner dicken Kruste flüssiges Wasser beherbergen dürfte und immer wieder gefrorenen Wasserdampf ausstößt. In diesen Eisfontänen konnten bereits interessante chemische Verbindungen nachgewiesen werden. Um mögliches Leben auf Enceladus finden zu können, wäre aber wie bei Europa eine Landung und Eisbohrung nötig – also eine äußerst komplizierte Mission, an die sich bisher noch niemand gewagt hat.

Auch unter dem Eis des Saturntrabanten Enceladus könnte es theoretisch Leben geben. Ein Nachweis wäre nicht ganz einfach.
Foto: Nasa

Exotischer Trabant

Ein anderer Saturnmond tanzt aus der Reihe: Titan, der größte Trabant des Ringplaneten. Auch er ist kalt, besitzt aber als einziger Mond im Sonnensystem eine dichte Atmosphäre. "Die Zusammensetzung ist hochkomplex, mit vielen interessanten Molekülen, auch organischen. Das heißt nicht, dass sie von Leben stammen, aber sie könnten Bausteine dafür sein", sagt Güdel. Titan verfügt auch über einen Flüssigkeitskreislauf – wenngleich aus flüssigen Kohlenwasserstoffen. Aber auch er könnte einen unterirdischen Ozean besitzen.

Der größte Saturnmond Titan, im Bild vor seinem Planeten, besitzt als einziger Mond im Sonnensystem eine dichte Atmosphäre. Darin wurden bereits Moleküle nachgewiesen, die als Bausteine für Leben dienen könnten.

Foto: Nasa

Wie vielversprechend Titan für die Astrobiologie ist, zeigten nicht nur Vorbeiflüge von Raumsonden. 2005 gelang Nasa und Esa auch eine Landung auf Titan, dabei konnten einige Messungen in der Atmosphäre durchgeführt werden. "Was sich da für Chemie abspielt, ist hochinteressant, da ist vieles möglich", sagt Güdel. "Es ist völlig offen, was man dort noch finden könnte." Gesucht werden soll wieder in den 2030er-Jahren: Dann will die Nasa Titan mit einer Flugdrohne erforschen. (David Rennert, 24.9.2020)