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Toxisches Führungsverhalten wirkt sich nicht nur auf das Arbeitsklima aus. Es hat auch Einfluss auf die wirtschaftliche Performance eines Unternehmens, legt die Studie eines Forscherteams von drei deutschen Unis nahe.

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Chefinnen und Chefs, die ihre Mitarbeitenden anschreien, durch Bemerkungen kränken oder ignorieren: Toxisches Führungsverhalten, auch "Abusive Supervision" genannt, ist in Unternehmen keine Seltenheit. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Universität Bielefeld, der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und der Universität Trier.

Auf Basis von 37.308 quantitative Bewertungen und 3.725 Textkommentaren, die Mitarbeiter von 148 Unternehmen auf der Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu abgegeben hatten, kam das Forschungsteam zu dem Schluss: In 85 Prozent der deutschen Firmen kommt toxisches Führungsverhalten vor, in jeder fünften gibt es sogar ein "ausgesprochen toxisches" Führungsklima. Kommentare wie "Der direkte Vorgesetzte versucht dem Mitarbeiter das Gefühl zu geben, dass er nichts kann" kommen demnach relativ oft vor. In nur 18 der untersuchten Unternehmen gab es keine Hinweise auf toxisches Verhalten von Führungskräften.

Dieses destruktive Verhalten der Führungskräfte führt bei Beschäftigten zu Unzufriedenheit, Stress, verminderter Arbeitsleistung und geringer Bindung ans Unternehmen. Aber nicht nur das Arbeitsklima wird belastet, auch die Unternehmensperformance – untersucht wurde dabei die Entwicklung der Gesamtkapitalrentabilität. Die Performance steigt demnach, je höher die Zufriedenheit der Mitarbeitenden ist. "Unternehmen können es sich nicht erlauben, schlechte Führungskräfte auszuhalten oder zu ignorieren. Und das gilt insbesondere auch im finanziellen Sinn", wird Kai Bormann von der Universität Bielefeld in einer Aussendung zitiert.

In Familienunternehmen weniger Schaden

Oft sei es aber gar nicht der oder die direkte Vorgesetzte, den die Mitarbeitenden für die schlechte Führungskultur verantwortlich machen. Die schlechte Führung werde auf anderen Hierarchieebenen verortet. Zudem konnten die Forschenden nachweisen, dass sich toxisches Führungsverhalten von der Managementebene aus auf die unteren Hierarchieebenen überträgt. Je mehr "Abusive Supervision" im Management vorkam, desto eher zeigten auch Führungskräfte der unteren Ebenen feindseliges Verhalten.

Auf die Art und Größe des Unternehmens komme es dabei nicht an, das Fehlverhalten ist den Forschenden zufolge in Familien- und Nichtfamilienbetrieben ähnlich stark ausgeprägt. Allerdings richte es in ersteren weniger Schaden an: Die Studienautoren führen diesen Effekt auf die Besonderheiten von Familienunternehmen wie zum Beispiel die Weitergabe von Führungskultur innerhalb der Unternehmerfamilie zurück.

Studienautorin Christina Hoon von der Universität Bielefeld merkt an, dass fast jedes Unternehmen mittlerweile Führungsleitlinien formuliert habe, aber die Realität anders aussehe: "Daher sollten Unternehmen vielmehr prüfen, ob und wie dieses 'normative Selbstbild' von Führung tatsächlich auf den Arbeitsalltag einwirkt." Zudem stelle sich die Frage, ob Unternehmen Sanktions- oder Anreizsysteme für gute Führung etabliert haben und schlechte Führung konsequent ahnden. Für letztere sei eine offene und transparente Feedbackkultur, die von gegenseitigem Vertrauen geprägt ist, entscheidend, sagt Yenia Zaba, Director Global Communications & Brand bei Kununu. Das gebe Unternehmen "die Möglichkeit, auf Missstände im Führungsverhalten aufmerksam gemacht zu werden und diese aktiv anzugehen". (red, 24.9.2020)