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Vor allem in den USA, in Kanada und in Norwegen kommt die CO2-Abscheidung und -Speicherung immer mehr zum Einsatz.

Foto: Reuters/Trish Badger

Es ist ein kleines Wiener Forschungsprojekt, das die Aufmerksamkeit eines der weltgrößten Ölkonzerne anzieht. Eine Anlage mit mehreren meterhohen, senkrechten Rohren, durch die CO2 gewirbelt und in mehreren Stufen aus den Abgasen gelöst wird, betrieben von der TU Wien und der Universität für Bodenkultur Wien bei einem Biomassekraftwerk in Simmering. "Wir konnten mehr als 90 Prozent des CO2 aus den Abgasen abscheiden", sagt Hermann Hofbauer, einer der Betreuer des Projekts. Jetzt wird die Anlage in die Niederlande transferiert – und von Shell in großem Stil ausgebaut.

Das kleine österreichische Projekt ist nur eines von vielen, die das Unternehmen in Millionenhöhe fördert. Auch in Kanada, Australien und Norwegen ist der Ölriese an großflächigen Tests der CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) beteiligt. Die Technologie nährt die Hoffnung, CO2-Emissionen in einigen Sektoren nicht senken zu müssen, sondern sie stattdessen zu speichern und wieder in den Boden zu verfrachten – oder für andere Produktionen zu verwenden. Was verspricht die Technologie für die Zukunft?

Langsamer Start

Laut einem aktuellen Bericht der Internationalen Energieagentur ist die CCS-Technologie unerlässlich, um die Pariser Klimaziele noch erreichen zu können. Der Organisation zufolge könnte sie globale CO2-Emissionen um fast ein Fünftel und die Kosten im Kampf gegen die Klimakrise um 70 Prozent senken. Trotz der großen Hoffnungen an die Technologie ist diese bis jetzt erst sehr langsam angelaufen. 21 Projekte gibt es derzeit auf der Welt, die CCS kommerziell betreiben – denn noch ist der Vorgang relativ teuer und zu wenig effizient für größere Anwendungen, so die Organisation Nordic Energy Research. Und auch bei der Lagerung sind noch nicht alle Fragen geklärt.

Eingesetzt wird die Technologie auf unterschiedliche Weise. Einige Projekte zielen darauf ab, CO2 mithilfe von Filtern aus der industriellen Produktion einzufangen, über Leitungen weiter zu transportieren und wieder im Untergrund zu lagern, theoretisch auch im Meeresboden. In anderen Fällen wird das CO2 nicht gelagert, sondern beispielsweise wieder für die Produktion von Plastik oder der Düngung von Pflanzen in Gewächshäusern eingesetzt. Auch könnte mit der Technologie CO2 direkt aus der Atmosphäre entfernt werden.

Einsatz in Schwerindustrie

Laut Experten könnte die Technologie besonders in der Schwerindustrie zum Einsatz kommen, etwa bei der Stahl- oder Zementproduktion, wo der Umstieg auf erneuerbare Energien schwierig ist. Außerdem könne sie bei der Erzeugung von Wasserstoff eingesetzt werden, der für die Energiespeicherung und im Schwertransport eine Rolle spielt. Zwar kann Wasserstoff auch mit erneuerbaren Energien erzeugt werden, noch ist der Großteil der Produktion jedoch von fossilen Energien abhängig.

Vorreiter bei CCS ist Norwegen, wo die Technologie schon seit den 1990er-Jahren getestet wird und nun in Zementwerken und der Abfallwirtschaft zum Einsatz kommen soll. Fast zwei Milliarden Dollar will die Regierung nun in die Technologie pumpen. Aber auch in den USA, Kanada und China wird CCS immer mehr eingesetzt.

Anreiz durch CO2-Steuer

Noch lohnt sich die Lagerung von CO2 in vielen Fällen nicht, unter anderem, weil es dafür eine ganze Reihe an Infrastruktur, Leitungen sowie geologische Lagerräume braucht. Eine CO2-Steuer könne helfen, die Anreize dafür zu erhöhen, heißt es aus der Branche. Umweltorganisationen befürchten, dass es in einigen Fällen zu CO2-Lecks kommen könnte, besonders wenn es um die Lagerung im Meeresboden geht.

Die Technologie sei jedenfalls keine generelle Lösung für den Klimawandel, sondern sollte lediglich als eine zusätzliche Möglichkeit zur Reduktion von CO2 gesehen werden, heißt es von der Internationalen Energieagentur. Ohnehin werde es noch Jahre dauern, bis die Technologie wirklich großflächig zum Einsatz kommt und zu einer signifikanten CO2-Reduktion beitragen kann. (Jakob Pallinger, 26.9.2020)