Was kann heute getan werden, um die psychischen Corona-Schäden in Österreich zu begrenzen?

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Die Pandemie steht im zweiten Halbjahr, und Aussicht auf ein Ende gibt es derzeit nicht. Die Gesellschaft verharrt in starrem Social Distancing, der Corona-bedingte Wirtschaftseinbruch mit beträchtlichen Jobverlusten verlängert sich ins Ungewisse – und jeder Mensch muss sich persönlich damit abfinden, dass ihn der Erreger, die Maßnahmen gegen seine Verbreitung sowie das stetige Bombardement mit virusbedingten Hiobsbotschaften noch länger beschäftigen wird.

Dieser fortgesetzte Seuchenstress hat weitreichende Folgen. Die am Donnerstag veröffentlichte Studie zur "Psychosozialen Pandemie" der Sigmund-Freud-Universität lässt sie erahnen. Schon zum Untersuchungstermin im Mai, als der erste Lockdown vorbei war, die Lockerungen einsetzten und der infektionsärmere Sommer bevorstand, berichteten 39 Prozent der Befragten von täglicher Gereiztheit. 40,1 Prozent gaben an, Furcht davor zu haben, dass es nie wieder so sein werde wie vor Corona. 20,2 Prozent sagten, sie hätten Angst, das Haus zu verlassen.

Wie erst muss es bei vielen Menschen in Österreich stimmungsmäßig jetzt kriseln, vor den langen, kalten, dunklen Wochen im Herbst und Winter, angesichts von Szenarien mit exponentieller Infektionszunahme und einem möglichen Lockdown 2.0? Aktuelle Erkenntnisse darüber gibt es nicht.

Das ist ein Problem. In einem Wohlfahrtsstaat wie Österreich sollten die psychischen Folgen der tiefsten gesamtgesellschaftlichen Krise seit Jahrzehnten regelmäßig erfasst und damit ernst genommen werden, um sofort gegensteuern zu können. Immerhin hat hier einst die Psychoanalyse ihren Ausgang genommen. Doch das derzeitige Angebot beschränkt sich auf den Plan für eine Hotline und die Ankündigung, sich für mehr Zugang zu Psychotherapie auf Krankenschein einzusetzen.

Was aber kann im Hier und Jetzt getan werden, um die psychischen Corona-Schäden in Österreich zu begrenzen? Zum einen ist den Autoren obiger Studie zuzustimmen, wenn sie die Politik dringend vor weiterem Angstschüren warnen, um die Bevölkerung dazu zu bringen, Masken zu tragen und Abstand zu wahren. Zum anderen ist jeder Einzelne gefragt, um sich und andere bestmöglich zu schützen, aber in der Flut der derzeit vor allem schlechten Corona-Nachrichten so sachlich wie möglich zu bleiben. Denn eines ist sicher: Auch diese Pandemie wird über kurz oder lang vorübergehen. (Irene Brickner, 25.9.2020)