Österreichs Tourismus wird von der Corona-Krise schwer getroffen, zumal derzeit auch kaum Veranstaltungen über die Bühne gehen. Kein Wunder, angesichts der Risiken hinsichtlich der Durchführbarkeit von Messen, Kongressen und Sport- oder Kulturevents geht kaum ein Veranstalter die monatelangen Planungen dafür an. Angesichts der hohen Wertschöpfung der Branche (neun Milliarden und mehr) will die Regierung daher einen 300 Millionen Euro schweren Schutzschirm aufspannen.

Damit nächstes Jahr wieder große Veranstaltungen, im Bild die Vienna Auto Show 2019, stattfinden können, will die Regierung Veranstaltern die nötige Planungssicherheit geben.
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Funktionieren werde dieser wie eine Versicherung: Sollte ein Event wegen verschärfter Corona-Maßnahmen nicht oder nur eingeschränkt stattfinden können, will die Regierung anfallende und nicht mehr stornierbare Kosten, etwa für Raummieten, Technik oder Personal, übernehmen. "Es soll etwas stattfinden", sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Freitag in einer Pressekonferenz. Abgedeckt werden soll mit dem Schutzschirm eine möglichst breite Palette an Veranstaltungen: Von Kongressen und Messen über Theater und Konzerte bis hin zu Sportevents, Clubs und Diskotheken, sofern diese künstlerische Auftritte geplant haben.

"Der Schutzschirm soll Sicherheit geben, damit die Veranstalter wieder anfangen zu planen", sagte Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). "Ohne Gäste kann kein Tourismus stattfinden, ohne Gäste können keine Veranstaltungen stattfinden", betonte sie. Zur Bedeutung der Branche verwies Köstinger auf 25.000 Messen und Kongresse mit insgesamt 1,8 Millionen Teilnehmern im Jahr 2019, wobei Wien mit einem Anteil von 35 Prozent nationaler Spitzenreiter sei. An deren Durchführung hänge viel nachgelagerte Wertschöpfung, etwa im Bereich der Techniker, Caterer, Security-Kräfte, Künstler und natürlich der Hotellerie. Insgesamt ergibt dies eine Wertschöpfung von rund neun Milliarden Euro mit 144.000 Arbeitsplätzen.

"Guter Deal für Österreich"

"Das neue Instrument hat ein entscheidendes Stichwort. Das heißt Planungssicherheit", erklärte die von den Grünen nominierte Kulturstaatssektretärin Andrea Mayer. Die Buchungslage vieler Künstler für das nächste Jahr sei katastrophal, da die Veranstalter derzeit das Risiko wegen Corona nicht auf sich nehmen würden. Anekdotisch schilderte sie den Fall einer Künstlerin, die mit Blick auf das nächste Jahr statt der üblichen 50 gebuchten Auftritte nur zwei im Terminkalender stehen habe. Mayer betonte, dass der Schutzschirm wie eine Versicherung wirken soll: Sollte sich die Lage nächstes Jahr bald normalisieren, würden die dafür vorgesehenen 300 Millionen Euro gar nicht benötigt. "Das ist ein guter Deal für Österreich", sagte Mayer. "Der Staat springt ein, wo derzeit jede Versicherung aussteigt."

Der bisher in dem Bereich wirksame Fixkostenzuschuss soll in einer zweiten Phase wietergeführt werden – dieser sei als "Absicherung im Nachinein" zu verstehen. Der nun gespannte Schutzschirm hingegen soll "im Vorhinein" Sicherheit geben und Veranstalter dazu ermuntern, Events trotz der bestehenden Einschränkungen durchzuführen.

Erwartet wird, dass die entsprechende Gesetzesgrundlage in den nächsten Wochen vom Parlament beschlossen wird, sodass es ab November in Kraft treten kann – sofern die EU grünes Licht dafür gibt. Details, etwa hinsichtlich Obergrenzen für einzelne Veranstaltungen, sollen bis dahin geklärt werden. Aber eines ist schon klar: Veranstalter müssen ihre Events entsprechend der jeweils geltenden Corona-Maßnahmen planen, um bei einer Verschärfung unter den Schutzschirm schlüpfen zu können. Abgewickelt wird der Schutzschirm für Veranstalter durch die Österreichische Hotel- und Tourismusbank.

Opposition vermisst Details zu Umsetzung

Die Reaktionen auf die Ankündigung der Regierung fielen gemischt aus. "Grundsätzlich begrüßt" wurde die Maßnahme von den NEOS, jedoch sei es "absurd, einen Schutzschirm zu präsentieren, ohne gleichzeitig auch nur irgendetwas Konkretes dazu zu sagen", ärgerte sich Kultursprecher Sepp Schellhorn. Es sei unklar, wer unter welchen Umständen den Schutzschirm in Anspruch nehmen kann. SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda freute sich, dass "der Protest der Kultur- und Veranstaltungsszene und auch der Druck der Opposition erfolgreich" gewesen sei. "Wesentlich ist nun, dass es nicht nur bei vollmundigen Ankündigungen bleibt, sondern die Hilfen auch ankommen."

Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer zeigte sich am Freitag erfreut, "dass die Regierung das WKÖ-Konzept für den Schutzschirm übernimmt". Die Veranstaltungswirtschaft trage mit 8,9 Mrd. Euro 3,4 Prozent zur Wirtschaftsleistung Österreichs bei und sichere 144.000 Arbeitsplätze, erklärte Mahrer laut Mitteilung. Mit Zulieferern seien es 250.000 mit dem Sektor verknüpfte Jobs.

Mit der nun zugesagten staatlichen Unterstützung werde die dringend nötige Planungssicherheit für die Eventbranche und viele vor- und nachgelagerten Bereiche und Branchen geschaffen, sagte Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf. "Um Messen, Kongresse oder Tagungen veranstalten zu können, braucht es oftmals viele Monate oder sogar Jahre Vorlaufzeit für die Planung. Aufgrund von Corona leben die Betriebe in ständiger Unsicherheit, ob und unter welchen Auflagen ein Event stattfinden kann."

(aha, stew, 25.9.2020)