Sotschi – Zum siebenten Mal gastiert die Formel 1 am kommenden Wochenende in Russland. Im einstigen Olympia-Ort Sotschi steht vor allem Weltmeister Lewis Hamilton im Mittelpunkt. Denn Michael Schumachers gigantische Bestmarke von 91 Siegen erschien vielen als etwas für die Ewigkeit. In Sotschi könnte Hamilton diesen Rekord nun aber einstellen – und ihn dann zwei Wochen später ausgerechnet in Deutschland auf dem Nürburgring übertreffen.

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"Pure Bewunderung" habe er lange für Schumacher verspürt, sagte Hamilton vor dem Russland-Rennen. Die Bedeutung des Meilensteins habe er vorerst noch nicht erfasst. "Es ist für mich nicht anders als an anderen Wochenenden, ich will mir nur den Hintern aufreißen", sagte der 35-Jährige. Wohl nur Mercedes-Teamgefährte Valtteri Bottas kann den WM-Spitzenreiter diesmal aufhalten.

Sebastian Vettel stürzt die fast vollendete Attacke auf einen der stolzesten Rekorde seines Kindheitsidols hingegen ins Gefühlschaos. "Zu sehen, dass er den Rekord brechen wird, stimmt mich traurig. In meinem Kopf gehört der Rekord Michael,", sagte Vettel in Sotschi. "Andererseits freue ich mich aber auch für Lewis, weil er den Rekord verdient", fügte der Ferrari-Pilot hinzu.

Für Hamilton ist die Zeit gekommen, auch die vermeintlich unerreichbaren Meilensteine der Ikone Schumacher zu übertreffen. Nach und nach hat sich der Brite in den Statistiken an die Spitze gesetzt. 95 Poles, 158 Podestplätze, 24.710 Führungskilometer – mehr hat niemand in der 70-jährigen Geschichte der Rennserie geschafft. Kaum jemand zweifelt daran, dass Hamilton am Saisonende auch wie Schumacher sieben WM-Titel haben wird.

2013 hatte Hamilton das Cockpit Schumachers im Silberpfeil übernommen, nachdem der Rekordchampion bei seinem späten Comeback in der Formel 1 noch drei Jahre Aufbauarbeit beim Mercedes-Werksteam geleistet hatte.

Eine echte Beziehung zur deutschen Legende habe er zwar nie gehabt, sagte Hamilton, erinnert sich aber doch sentimental an eine Begegnung in Abu Dhabi. "Dass er sich einen Moment Zeit nimmt, um mit mir Helme zu tauschen. Das ist der wertvollste Helm, den ich habe", sagte der 35-Jährige.

"Es gibt wichtigere Dinge auf der Welt"

Viel mehr Emotionen seien von ihm aber an diesem Wochenende nicht zu erwarten, auch wenn ihm dieser 91. Sieg gelingen sollte. "Natürlich ist es eine Ehre. Aber es bedeutet nicht wirklich etwas", sagte Hamilton und betonte: "Es gibt wichtigere Dinge auf der Welt."

Lewis Hamilton und Michael Schumacher 2010.
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Hamilton trug maßgeblich dazu bei, dass die Piloten in dieser Saison vor jedem Rennen Raum für ein politisches Signal erhalten. Auch in Unterstützung seines Engagements für die "Black Lives Matter"-Bewegung lackierte Mercedes seine Rennwagen in diesem Jahr schwarz. Mit der nach ihm benannten "Hamilton-Kommission" will er für mehr Chancengleichheit und Vielfalt im Motorsport kämpfen.

Der Champion will weiter die Grenzen verschieben. "Ich werde mich nicht aufhalten lassen", versicherte Hamilton. Es gehe nicht um Politik, die nach Meinung einiger keinen Platz im Sport haben solle. "Es geht hier um Menschenrechte."

Wie einst Schumacher ist Hamilton zum Gesicht und zur Stimme seines Sports geworden, zum Superstar seiner Generation. Das Magazin "Time" kürte ihn gerade zu einem der 100 einflussreichsten Menschen der Welt. "Er ist eine Inspiration für alle", schrieb dazu Bubba Wallace, der einzige schwarze Pilot in der US-Rennserie Nascar. (APA; 25.9.2020)

1. Session: 1. Valtteri Bottas (FIN) Mercedes 1:34,923 Min. – 2. Daniel Ricciardo (AUS) Renault +0,507 Sek. – 3. Max Verstappen (NED) Red Bull +0,654 – 4. Sergio Perez (MEX) Racing Point +0,873 – 5. Lance Stroll (CAN) Racing Point +1,042 – 6. Esteban Ocon (FRA) Renault +1,138 – 7. Daniil Kwjat (RUS) Alpha Tauri +1,307 – 8. Alexander Albon (THA) Red Bull +1,331 – 9. Sebastian Vettel (GER) Ferrari +1,400 – 10. Pierre Gasly (FRA) AlphaTauri +1,783. Weiter: 11. Charles Leclerc (MON) Ferrari +1,973 – 19. Lewis Hamilton (GBR) Mercedes +2,793

2. Session: 1. Valtteri Bottas (FIN) Mercedes 1:33,519 Min. (225,117 km/h) – 2. Lewis Hamilton (GBR) Mercedes +0,267 Sek. – 3. Daniel Ricciardo (AUS) Renault +1,058 – 4. Carlos Sainz Jr. (ESP) McLaren +1,204 – 5. Lando Norris (GBR) McLaren +1,328 – 6. Sergio Perez (MEX) Racing Point +1,371 – 7. Max Verstappen (NED) Red Bull +1,529 – 8. Charles Leclerc (MON) Ferrari +1,533 – 9. Esteban Ocon (FRA) Renault +1,620 – 10. Sebastian Vettel (GER) Ferrari +1,664. Weiter: 11. Pierre Gasly (FRA) Alpha Tauri +1,691 – 12. Alexander Albon (THA) Red Bull +1,723 – 13. Daniil Kwjat (RUS) Alpha Tauri +1,942