Geliebtes Homeoffice oder erschöpfende Distanz – was der Digitalisierungsschub jetzt im Menschlichen braucht, als großes Thema beim Personalkongress PoP.

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Sandra Ziffrein, Personalchefin des STANDARD, hat es diesbezüglich leicht – und macht auch kein Hehl daraus. Auf die viele Unternehmen derzeit eher quälende Frage nach dem Sinn, dem Purpose, hat sie eine einfache und klare Antwort: Sie hält ein Druckexemplar des STANDARD ins Publikum. Der Sinn des Unternehmens sei täglich deutlich sichtbar, sogar berührbar. Stephan Grabmeier, von Beruf Purpose-Contributor im Zukunftsinstitut, wird anscheinend nicht um Aufträge verhandeln können.

Diskutierten über Sinn und den Zustand von Organisationen: Sabine Ruso (Almdudler), Gabriele Bachowsky (ING, jetzt im Sabbatical), Sandra Ziffrein (DER STANDARD). Karin Bauer hat die Fragen gestellt.
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"Hat es Almdudler ebenso leicht mit dem Purpose?", geht die Frage an die Personalchefin Sabine Ruso. "Weiterentwicklung" hat man beim Kräutersafterzeuger mit rund 500 Mitarbeitenden als Dreh- und Angelpunkt des Sinns definiert, sagt Ruso. Es gehe darum, Menschen Werkzeuge zur Verfügung zu stellen, um sich weiterzuentwickeln. Ähnlich antwortet Gabriele Bachowsky, bis vor kurzem Personalleiterin bei der ING-Bank und nun bis Weihnachten in einem Sabbatical: Menschen, in dem Fall Kunden, zu "empowern" ist hier der Kern des Unternehmenssinns – und ob der zu Mitarbeitenden und ihrem Wertekanon passt, das werde schon beim Recruiting ausgiebig hinterfragt und getestet.

Grabmeier nennt die Personalzunft, versammelt in dieser Woche im Burgenland zur Jahreskonferenz PoP – Power of People, "Zukunftsarchitektinnen". Und da ist die Diskussion schnell bei den Führungskräften und dem Zustand der Organisationen nach sechs Monaten mit Lockdown, Kurzarbeit, Homeoffice, neuer Arbeit und unsicheren Zukünften. Was ist gefragt, um den Betrieb auf Distanz zusammenzuhalten, um den gemeinsamen Spirit nicht zu verlieren zwischen Zoom und Teams auf Abstand?

Remote Work, so heißt es ja immer, benötige besonders empathische Führungskräfte. Bachowsky: "Dass es jetzt mehr Empathie braucht als früher, würde ich nicht unterschreiben. Wir müssen nur andere Wege versuchen." Die ING hat dazu bewusst gesagt: Zeig uns, wie du arbeitest. Bachowsky: "Das hat Wunder bewirkt, wir haben einander nie zuvor so viel Privates gezeigt und erzählt, da haben wir eine große Bereicherung erlebt." Mehr Zeit geben, mehr Raum geben ist der Ansatz von Sabine Ruso, um Führungskräften neues Führen überhaupt möglich zu machen. Dass das mit der Einstellung "Irgendwann nebenbei führe ich auch noch, vorrangig widme ich mich meiner Facharbeit" nicht geht, macht Sandra Ziffrein unmissverständlich deutlich. Patentrezepte hat kein Personaler und versucht solche auch nicht zu verkaufen. Unisono: "Wir probieren, entwickeln, schauen, was wir möglichst individuell anbieten können". Dass es nun zäh wird und sich Erschöpfung breitmacht, bestreitet niemand. Aber es könne jetzt nur darum gehen, mutig und zuversichtlich Schritt für Schritt weiterzugehen. (Karin Bauer, 29.9.2020)