Starpianist Daniil Trifonov stellte sich in den Dienst der Sache: im Verein mit Trompeterin Selina Ott.

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Gastspielkonzerte ausländischer Orchester sind in Corona-Zeiten eine diffizile Angelegenheit. Manche finden deshalb erst gar nicht statt – etwa jene von Orchestern aus Übersee. Manche werden aufgrund von Reisewarnungen kurzfristig wieder abgesagt: So reisten etwa die Sächsische Staatskapelle Dresden, das Orchestra dell’ Accademia Nazionale di Santa Cecilia aus Rom und das SWR Symphonieorchester in der zweiten Septemberhälfte überraschend doch nicht nach Wien.

Die Tschechische Philharmonie hat es aber nach Wien geschafft. Aus dem (vom österreichischen Außenministerium) zum Risikogebiet erklärten Prag reiste das Orchester in das (vom deutschen Außenministerium) zum Risikogebiet erklärte Wien, und so waren am Freitag im Großen Konzerthaussaal Risikogebietsbewohner unter sich.

Ironie und Groteske

Was hatten die Tschechen und ihr Chefdirigent Semyon Bychkov im Reisegepäck? Dvořák natürlich (die Achte) und Schostakowitschs Konzert für Klavier, Trompete und Streichorchester op. 35. Als Solisten fungierten bei letzterem Werk keine Geringeren als Daniil Trifonov und die junge Trompeterin Selina Ott, die 2018 den ARD-Wettbewerb gewonnen hatte.

Schostakowitschs 1933 entstandenes Werk ist voller Ironie und Groteske, viele hören das mit einem Zitat aus Beethovens Appassionata eröffnende Werk als Parodie auf das klassische Konzert. Nicht so Daniil Trifonov. In seiner (unfassbar subtilen, virtuosen) Interpretation war alles Ernst: der Musiker als Musterschüler und Präzisionsmaschine. Mehr Show, mehr Zirkus, mehr Lang Lang – ach was: ein Schuss krakeelende Hella von Sinnen hätte hier gut getan. Auch Selina Ott stellte sich fügsam in den Dienst der interpretatorischen Gediegenheit.

Einfach nur ein Genuss dann Dvořáks Achte. Bychkov präsentierte sich als gut- und offenherziger Alleskönner, Seelenstreichler und Traumtänzer, die Tschechische Philharmonie blühte unter seiner kundigen Führung auf und die Herzen der Zuhörerschaft ebenso. (Stefan Ender, 28.9.2020)