Wien – Bezieher kleiner Pensionen bekommen im nächsten Jahr mehr als die doppelte Inflationsabgeltung: Bezüge bis 1.000 Euro werden um 3,5 Prozent angehoben. Bis 1.400 Euro fällt die Steigerung linear ab, ab 2.333 Euro wird sie mit einem Fixbetrag von 35 Euro gedeckelt. Die Regierung wird diese – im Schnitt über der gesetzlichen Anpassung liegende – Erhöhung am Mittwoch im Ministerrat beschließen. Die Kosten für die Anpassungen werden sich 2021 auf rund eine Milliarden Euro belaufen.

Dass es zumindest für kleine Pensionen mehr geben wird, haben ÖVP und Grüne den Seniorenvertretern schon bei Bekanntgabe des auf Basis der Inflationsrate berechneten gesetzlichen Anpassungsfaktors von 1,5 Prozent zugesichert. Die am Sonntag von der Regierung – ganz ohne große öffentliche Verhandlungsrunde – bekannt gegebene Anpassung macht selbst im Durchschnitt mehr aus, nämlich 1,8 Prozent.

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Kurz: "Frage der Gerechtigkeit"

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nannte es – laut einer Presseunterlage – eine "Frage der Gerechtigkeit, dass gerade kleine und mittlere Pensionen stärker erhöht werden". Nach dem Corona-Bonus für Familien und Arbeitnehmer werde jetzt auch die ältere Generation entlastet. Die Erhöhung bedeute einen "Corona-Bonus für Pensionisten", für die die aktuelle Phase "besonders herausfordernd" sei – und bringe eine Entlastung für diejenigen, die von der Senkung der ersten Steuerstufe nicht profitieren, stellte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) fest.

Kogler sieht grünen Verdienst

Vizekanzler Werner Kogler reklamierte das Verdienst für die besondere Unterstützung der Einkommensschwächsten für seine Partei, die Grünen: "Wir haben in Verhandlungen mit dem Koalitionspartner erreicht, dass mit der Ausgleichszulage die Mindestpension um dreieinhalb Prozent erhöht wird." Mindestpensionisten bekämen damit erstmals 1.000 Euro – und davon würden zu zwei Drittel Frauen profitieren." Diese Erhöhung sei ein wichtiger Schritt, um von Armut am stärksten Betroffene zu unterstützen und zu entlasten", stellte Sozialminister Rudolf Anschober fest. Er wird den entsprechenden Antrag am Mittwoch im Ministerrat einbringen.

Vor allem Bezieher von kleinen Pensionen bekommen kommendes Jahr einen Corona-Bonus.
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Lob von Opposition aber nicht ohne Kritik

Die Opposition kommentiert die Anhebung positiv, aber SPÖ, FPÖ und NEOS fanden in Aussendung dennoch Anlass zu kritischen Anmerkungen. Für SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch ist die von der Regierung für 2021 angekündigte Erhöhung der Mindestpension "höchst erfreulich". Das sei auch ein wesentliches Instrument im Kampf gegen Armut. Aber von Altersarmut seien vor allem Frauen betroffen – und da fehlten nach wie vor wichtige Schritte wie ein Pensionsbonus mit besserer Anrechnung der Kindererziehungszeiten.

Auch die FPÖ begrüßte, dass die kleinen Pensionen erhöht werden. Aber Parteichef Norbert Hofer stellte gleichzeitig fest, dass die Regierung immer noch nicht das versprochene Pflegekonzept vorgelegt habe. Dadurch, dass dieses fehle, würden die Senioren wesentlich mehr Geld verlieren als ihnen die Pensionsanpassung bringt.

NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker meinte: "Das hilft tatsächlich denen, die es brauchen." Aber er beklagte einerseits die Mehrkosten durch die Pensionserhöhungen und andererseits fehlende soziale Treffsicherheit: Nicht jeder, der eine kleine Pension hat, sei automatisch auch arm, verwies er etwa auf Personen mit zusätzlichen Pensionen aus dem Ausland oder mit geringen Beiträgen.

Seniorenvertreter und Caritas sehr zufrieden

Pensionistenvertreter zeigen sich erfreut. Der ÖVP-nahe Österreichische Seniorenbund lobte am Sonntag in einer Aussendung, "die konstruktiven Gespräche sowie der anschließende Verhandlungserfolg sind ein gelebter Beweis für diese besondere Wertschätzung der älteren Generation". Eine Pensionserhöhung stelle immer auch ein Konjunkturpaket dar, so Ingrid Korosec, Präsidentin des Österreichischen Seniorenbundes.

Die Forderung des Pensionistenverbands sei endlich von der Regierung umgesetzt worden, heißt es vom SPÖ-nahen Pensionistenverband, der das Ergebnis in einer Aussendung lobte. Es sei keine Selbstverständlichkeit, so der Präsident des Pensionistenverbandes, Peter Kostelka. Es gelte, Altersarmut zu vermeiden und Kaufkraft zu sichern. "Ein Kaufkraftverlust der Pensionisten wäre in diesen schwierigen Zeiten eine Katastrophe für die Wirtschaft. Österreich braucht die gesicherte Kaufkraft der Pensionisten, denn das stützt die lokale Wirtschaft und hilft dem Arbeitsmarkt", so Kostelka. Auch die Caritas lobte die Erhöhung der Ausgleichszulage. (APA, red, 27.9.2020)