In der Klimadebatte hat Methan eine unrühmliche Karriere gemacht. Das farb- und geruchlose Gas ist quasi der böse Bruder des klimaschädlichen Kohlendioxids (C02). Es entsteht ganz natürlich in Sümpfen, andererseits werden beträchtliche Mengen in der Landwirtschaft, etwa bei der Viehhaltung, generiert.

Genau genommen werden durch furzende und rülpsende Kühe mehr Treibhausgase frei als im Verkehr, wie Wissenschafter herausgefunden haben. Das in der Atmosphäre in kleinen Mengen vorkommende brennbare Gas ist aber auch Hauptbestandteil von Erdgas, bei dessen Verbrennung das Methan zu Kohlendioxid und Wasserdampf umgewandelt wird. Es spielt damit auch beim Heizen eine wenig klimafreundliche Rolle. Im heimischen Energiemix hat Gas nach wie vor einiges Gewicht. Gut ein Fünftel des heimischen Brutto-Inlandsverbrauchs im Bereich Energie wird mit Gas gedeckt. Im Sinne der Klimaziele ist das kontraproduktiv. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat mehrfach erklärt, dass es sich beim Gasausstieg um ein langfristigeres Thema handle als bei Öl.

Hier wird mit einen Methan-Detektor der Ausstoß von Methan in der Ausatemluft der Kühe gemessen.
Foto: APA/dpa/Thomas Warnack

Was die Klimawirksamkeit betrifft, so habe CO2 aus fossiler Verbrennung und Industrieprozessen 65 Prozent Anteil an menschengemachten klimaschädlichen Gasen, Methan 16 Prozent, warnt die NGO Greenpeace aus aktuellem Anlass. Denn worauf bislang wenig Augenmerk gelegt würde: Methan werde auch rund um die Förderung von Gas aus dem Boden oder bei dessen Transport freigesetzt, so Greenpeace. Mit durchaus unerfreulichen Folgen: Gas verursache, wenn es unverbrannt direkt als Methan in die Atmosphäre gelange, viel dramatischere Klimaschäden. Methan wirke in der Atmosphäre 25-mal (gemessen auf 100 Jahre) oder sogar 85-mal (gemessen auf 20 Jahre) klimaschädlicher als CO2.

Doch wie und wo kommt das Methan in die Luft? Dies passiere, wenn das Gas bei der Förderung aus dem Boden, beim Transport über tausende Kilometer oder bei der Lagerung in Tanks unkontrolliert entweiche, so die NGO. Zum Teil werde Methan absichtlich abgelassen oder teilweise ohne energetischen Nutzen verbrannt. Abgefackelt oder abgelassen werde, wenn eine Nutzung der Erdöl-Begleitgase technisch zu aufwendig sei beziehungsweise aufgrund niedriger Marktpreise nicht lukrativ erscheine.

Der Gas-Connect Knotenpunkt Baumgarten mit einer speziellen Kamera (Infrarot-Kamera FLIR GF320) fotografiert.

Das könnte teilweise in der heimischen Gasindustrie der Fall sein, wie eine Greenpeace-Recherche nahelegt, deren Ergebnisse dem STANDARD vorliegen. Bei zwei unabhängigen Einsätzen an drei Standorten dokumentierte das Investigativ-Team der NGO – erstmals, wie es heißt – mittels hochspezialisierter Infrarotkamera "verdächtige Ausströmungen".

So schaut der Knotenpunkt Baumgarten, eine wichtige Erdgasdrehscheibe Europas im herkömmlichen Licht aus.
Foto: Greenpeace

Konkret machte sich das Team am Gas-Connect-Knotenpunkt Baumgarten, am Standort der Borealis-&-OMV-Raffinerie Schwechat und an der OMV-Gasstation Aderklaa ein Bild, das von Schädlichkeit und Unkontrollierbarkeit fossilen Gases zeuge, wie die NGO sagt. Das Material wurde dem US-Experten Tim Dorty, der für die New York Times und die texanische Kommission für Umweltqualität aktiv wurde, zur Analyse vorgelegt.

Dessen Gutachten bestätigt aus Sicht der NGO die Sorge: An den drei Standorten seien teils unkontrollierte Austritte von "höchst klimaschädlichem und potenziell gesundheitsgefährdendem Methan und zusätzlichen Gasen nachgewiesen" worden. Greenpeace fordert von der OMV, der Tochter Borealis und Gas-Connect Austria "die sofortige Kontrolle und Behebung der Missstände und ein Aus für den Klimakiller fossiles Gas bis 2040." Ein OMV-Sprecher betont, man messe regelmäßig, engmaschig mit fixen wie mobilen Anlagen selbst "schon aus sicherheitstechnischen Gründen". Auffälligkeiten hätten sich nicht gezeigt. Die Vorwürfe könne man erst bei Vorlage der genauen Daten prüfen. Am Montag heißt es, das sei nun geschehen. Die OMV-Techniker hätten nun geprüft. Bei den Emissionen und den Wärmebildern der Anlagen handele es sich nicht um Methan: "Die Emissionen sind Verbrennungsgase aus Dampfkesselanlagen, die überwiegend aus Stickstoff, Wasserdampf, Kohlendioxid und Sauerstoff bestehen", so die OMV. (Regina Bruckner, 28.9.2020)

Anmerkung: Dieser Artikel wurde am Montag Nachmittag um eine Stellungnahme der OMV ergänzt.