Vergessen wir Assoziationen wie "urtümlich" und dergleichen: Der Komodowaran ist eigentlich eine recht junge Spezies.
Foto: Achmad Ariefiandy, Komodo Survival Program

Obwohl er viel weniger mit den Dinosauriern zu tun hat als ein Wellensittich, muss der Komodowaran (Varanus komodoensis) damit leben, dass er regelmäßig Dino-Vergleiche heraufbeschwört. Es liegt an seiner Größe: Immerhin bringt es der in der indonesischen Inselwelt heimische Waran auf drei Meter Länge und 70 Kilogramm Masse – in Einzelfällen sollen es sogar über 100 Kilo sein können. Das macht ihn zum größten Schuppenkriechtier der Gegenwart, zumindest unter denen mit Beinen. Nur besonders große Exemplare von Netzpythons oder Großen Anakondas können noch mehr auf die Waage bringen.

Aber so ein großes Tier braucht auch entsprechend Platz, und der geht dem Komodowaran langsam aus, berichten australische Forscher im Fachjournal "Ecology and Evolution". Am liebsten sind den Waranen Savannenlandschaften in Küstennähe. Das Gebirge meiden sie, obwohl sie durchaus geübte Kletterer sind. Junge Komodowarane verbringen die meiste Zeit in den Bäumen, wo sie vor ihren älteren Artgenossen sicher sind. Ausgewachsene Exemplare beschränken sich darauf, Felsen zu erklimmen, wo sie einen guten Rundumblick auf etwaige Beute haben und von einer erfrischenden Meeresbrise abgekühlt werden.

Schrumpfender Lebensraum

Gewisse Ansprüche sind also vorhanden, und immer seltener werden diese erfüllt. Komodowarane findet man heute nur noch auf den Inseln Flores, Komodo und Rinca sowie den beiden Inselchen Gili Dasami und Gili Motang. Das größte Problem für sie sind die Zersplitterung ihrer Habitate durch Brandrodungen und die Ausbreitung von Kulturflächen sowie die Wilderei. Dabei sind sie allerdings ein indirektes Opfer: Gewildert werden Hirsche und Wildschweine, die auch die bevorzugte Beute der großen Echsen wären. Wo diese Tiere verschwinden, gehen die Waranbestände rasant zurück.

Und nun werden sie auf eine weitere indirekte Weise zum Opfer menschlicher Aktivität: Der Klimawandel und der steigende Meeresspiegel lassen die Gebiete, in denen sich die Warane wohlfühlen, noch stärker schrumpfen. Ein Team um Alice Jones von der Universität Adelaide hat die letzten Refugien des Komodowarans analysiert und kommt zum Schluss, dass er in den kommenden Jahrzehnten in drei seiner fünf letzten Inselhabitate aussterben wird.

Wo es Nahrung gibt, können sich die einzelgängerischen Echsen auch zu größeren Gruppen zusammenfinden.
Foto: Romeo GACAD / AFP

Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass sich der Komodowaran diesen Lebensraum erkämpft hat. Laut den Forschern ist die jetzige Spezies nur etwa eine Million Jahre alt. Sie ist der jüngste Zweig einer Gruppe großgewachsener Warane, die sich ursprünglich in Asien entwickelt hat und sich dann Richtung Südosten bis nach Australien ausbreitete. Dort brachte sie ihren größten Vertreter hervor: Megalania. Dieser Riesenwaran war die größte Echse aller Zeiten, Schätzungen reichen von fünf bis sieben Meter Länge und 500 Kilogramm bis eine Tonne Masse.

Während die Ahnen des Komodowarans von Australien zurück in die indonesische Inselwelt migrierten, verkörperte Megalania im eiszeitlichen Australien die unangefochtene Spitze der Nahrungskette. Bis er vor etwa 45.000 Jahren zusammen mit dem Großteil der damaligen Megafauna ausstarb – also in etwa zu der Zeit, als die ersten Menschen nach Australien kamen und dieselben Tiere jagten wie der schuppige Riese.

Dem Komodowaran könnte mit etwas Verspätung ein ähnliches Schicksal blühen, insgesamt wird der Bestand nur noch auf etwa 4.000 Tiere geschätzt. Um diese Restpopulation zu bewahren, wird man aber umdenken müssen, sagt Jones. Die absehbare klimatische Entwicklung der restlichen Habitate müsse stärker in die Artenschutzstrategie einbezogen werden. Je nach Topografie werden manche Inseln stärker betroffen sein als andere.

Umzugshilfe

In mancher Region wird es für den Komodowaran aufgrund dieser Entwicklung wohl keine Zukunft geben – es wäre also sinnlos, ihn dort um jeden Preis halten zu wollen. Dafür könnte man ihn wieder auf anderen Inseln ansiedeln, auf denen er allein aufgrund von Wilderei und ähnlichen Gründen bereits ausgestorben ist, die aber von den Folgen des Klimawandels voraussichtlich weniger stark betroffen sein werden.

Es wäre ein flexible Schutzstrategie, die den Blick auf die Zukunft ausgerichtet hat – dazu aber bereits in der Gegenwart gut vorbereitet werden muss. Immerhin gilt es auch, die Bevölkerung vor Ort davon zu überzeugen, einen fast schon vergessenen Nachbarn zurückzubekommen, der Haustieren, aber auch Menschen durchaus gefährlich werden kann. (jdo, 4. 10. 2020)

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Nicht jeder wünscht sich Komodowarane als Nachbarn.
Foto: AP Photo/Dita Alangkara