"Serious Sam 4"
"Serious Sam 4"
"Serious Sam 4"
"Serious Sam 4"
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"Serious Sam 4"

Weißes Muscle-Shirt, Sonnenbrille, eine Stimme wie ein Reibeisen, coole Sprüche und jede Menge riesige, teils absurde Schusswaffen: Als besonders "serious", also ernsthaft, konnte man den First-Person-Shooter Helden Sam Stone eigentlich nicht bezeichnen. Der Actionheld, der vom kroatischen Entwickler Croteam 2001 das erste Mal zu seinem Krieg gegen die Alien-Bedrohung die Bühne betrat, war und ist eine Parodie – und zwar auf all jene 80er-Jahre-Tschinbumm-Kinohelden, die in unzähligen B-Movie-Produktionen von Schwarzeneggers "Commando" abwärts rabiat für Action sorgten. Genauer gesagt spiegelte sich in Serious Sam sogar ein weiterer Games-Held, der genau diese Persiflage bereits vorgemacht hatte: Nur war Duke Nukem, 1996 zum Superstar geworden, in der Zwischenzeit im Entwicklungslimbo gelandet.

2005 und 2011 erschienen Fortsetzungen, nun ist Serious Sam 4 erhältlich – und geändert hat sich, auf den ersten und auch zweiten Blick, kaum etwas. Die Story, diesmal ein Prequel, dreht sich nach wie vor um eine gewaltige globale Alien-Invasion, der sich Sam Stone mit Unterstützung diverser Miltärs, aber im Endeffekt quasi im Alleingang entgegenstellt. Die Schauplätze der Reihe waren immer gewaltige archäologische und architektonische Wahrzeichen, diesmal startet der Feldzug in Rom und setzt sich in Pompeiji und weiteren pompösen, als riesige Arenen verwirklichten Schauplätzen fort. In kurzen Cutscenes und vielen mal mehr, mal weniger gelungenen One-Linern inszeniert sich Sam als gewohnt robuster Actionheld, der dennoch immer wieder mit Selbstreflexion und Meta-Gags über Spielelemente und -Konventionen überraschen kann – wie gründlich hier etwa über den gelungensten coolen Spruch diskutiert wird, ist durchaus ein Lächeln wert.

Die Hauptrolle kommt allerdings wieder der Gegnerschar zu, denn die ist gewohnt abwechslungsreich. Neben alten Bekannten wie Werbullen, Skelettmonstern und natürlich dem laut schreiend heranrasenden kopflosen Kamikazebomber gibt es auch neue Gegner, darunter zum Beispiel riesige Schleimspucker, teleportierende Vampire, vierarmige Rieseneidechsen und diverse biomechanische und dämonische Oberbosse.

In den Schussgefechten bekommt man es mit bis zu hunderten, Entwicklerangaben zufolge bis zu tausenden nach und nach herbeiteleportierten Monstern in rauen Mengen zu tun, die geschickt und mit dem richtigen Gerät sowie Gegenständen nach und nach dezimiert werden müssen. Subtilität, Schleichen oder besondere Strategie sind eher nicht gefragt, stattdessen gibt es Massenschlachten, die im Koop-Modus mit insgesamt bis zu vier Spieler*innen besonders imposant geraten.

Neu ist ein Talentbaum, auf dem man nach und nach spezielle Skills wie beidhändige Waffen, Heilung durch Nahkampfattacken oder mehr Lebensenergie freischalten darf.

Croteam

Was ist gelungen?

Riesige Kampfarenen, gewaltige Gegnermassen, das bewährte rasante und rabiate Spielprinzip: Serious Sam 4 ist ein Action-Dinosaurier, dessen altbekannte Stärken nach wie vor überzeugen können. Vor allem später im Spiel, wenn das etwas banale anfängliche Waffenarsenal um durchschlagskräftigeres Gerät und bizarre Gadgets wie tragbare schwarze Löcher erweitert wurde, entfacht das grafisch nicht unbedingt umwerfende, aber akzeptabel imposante Action-Gewitter seinen Reiz. Die Story kann man ebenso wie das überraschend große Figurenpersonal zwar getrost vergessen, doch der eine oder andere Gag zündet dann doch so, dass man dem großmäuligen Sam wegen dieser erwartbaren Seichtigkeit nicht böse sein kann. Besonders zu viert ist Serious Sam 4 ein großer, ebenso explosiver wie kurzweiliger Spaß.

Croteam

Was ist weniger gelungen?

Originalität und Innovation braucht man sich nicht erwarten, im Gegenteil: Die halbherzig eingeführten Neuerungen wie das Skillsystem oder semi-optionale Nebenmissionen sind ebenso überflüssig wie einige Momente der Handlung, die wenig erfolgreich ins Ernsthafte kippen. Manche Materialschlacht wird durch den nicht trivialen Schwierigkeitsgrad zum Ärgernis, und die von allen Seiten herbeiteleportierenden Aliens machen taktisches Vorgehen unmöglich. Die einen mögen dieses Gameplay aus der simpleren Shooter-Vergangenheit als zeitlos bezeichnen – für andere ist und bleibt es eher stumpfes Geballer.

Croteam

Fazit

Serious Sam 4 ist zuallererst ein Spiel für all jene, die dieser Action-Ikone erneut einen Besuch abstatten wollen: Serienfreunde haben hier einen weiteren, zeitgemäß aufgehübschten und ansonsten sehr soliden Nachfolger, der seinem Spielkonzept treu bleibt und nur in Spurenelementen Innovationen einfließen lässt. Für Freunde der Vorgänger ist das mehr als genug – sie werden hier vor allem im Koop-Multiplayer ihren Spaß haben.

Wer bislang keinen Fuß in diese absurde, monsterstarrende Actionwelt gesetzt hat, sei gewarnt: Unter der knallbunten, selbstironischen Oberfläche ist nicht mehr, als man auf den ersten Blick erwarten würde – ein unkomplizierter, etwas alberner und letztlich auch etwas altmodischer Vertreter der alten Shooter-Schule. Je nach Erwartungshaltung ist das Grund zur Freude – oder auch nicht. (Rainer Sigl, 4.10.2020)