Köln – Sogar der Konkurrenzsender RTL empfahl Montagabend, ProSieben einzuschalten: "Einschaltempfehlung für @ProSieben, weil das Thema jede Aufmerksamkeit verdient. #gegenRechts", schrieb die RTL-Mediengruppe auf Twitter. Zur besten Sendezeit, um 20.15 Uhr im Hauptabend, strahlte ProSieben die zweistündige Doku "Rechts. Deutsch. Radikal." aus.

ProSieben-Senderchef Daniel Rosemann nannte den Film die "wichtigste Dokumentation der letzten Jahre auf ProSieben". Die Doku wurde komplett ohne Werbeunterbrechung gezeigt. 1,33 Millionen der 14- bis 49-Jährigen in Deutschland sahen laut meedia.de den Film, das entspricht einem Marktanteil von 14,6 Prozent. In Österreich waren laut Teletest im Schnitt 124.000 Zuschauer (12+) dabei.

Entlassung nach menschenverachtenden Äußerungen

18 Monate lang hatte der Reporter Thilo Mischke dafür in der rechten und der rechtsextremen Szene Deutschlands recherchiert. Er zeigt, wie rechte und rechtsextreme Gruppen miteinander verwoben sind, wo sie sich unterscheiden und wo es keine Abgrenzungen mehr gibt. Der Film sorgte schon im Vorfeld für Wirbel und auch Konsequenzen. Teil der Doku ist ein heimlich gefilmtes Treffen des langjährigen AfD-Pressesprechers Christian Lüth mit einer rechten Publizistin. Darin sprach sich Lüth dafür aus, dass "noch mehr Migranten kommen". "Weil dann geht es der AfD besser. Wir können die nachher immer noch alle erschießen. Das ist überhaupt kein Thema. Oder vergasen, oder wie du willst. Mir egal!" Die AfD-Fraktion hat Lüth nach diesen menschenverachtende Äußerungen fristlos entlassen.

Menschen Aufmerksamkeit schenken

"Man spricht nicht mit Nazis – auch ich war davon überzeugt. Allerdings entspricht es meiner journalistischen Pflicht, erst mal jedem Menschen, unabhängig von seiner Einstellung, Aufmerksamkeit zu schenken", sagt Mischke über seinen Zugang.

Reporter Thilo Mischke unterwegs für seine Doku "Rechts. Deutsch. Radikal.".
Foto: ProSieben

"Vor ein paar Jahren hätte ich noch zu Ihnen gesagt, wir müssen uns zwar Sorgen machen, aber wir sind noch nicht die Weimarer Republik. Aber wenn ich mir die Entwicklungen in den letzten fünf Jahren anschaue, muss ich offen gestehen, mache ich mir ernsthafte Sorgen um unsere Demokratie", sagt der Verfassungsschützer Stephan Kramer im Interview mit Mischke. "Man geht aus der Deckung, man ist selbstsicher, man klaut am laufenden Band in den Sicherheitsbehörden – ob Militär oder Polizei – Munition und Sprengstoff. Ich muss das Ganze nicht gefährlicher beschreiben, als es ist. Aber es macht uns zu Recht große Sorgen."

"Wir müssen hinschauen"

Mehr als 30.000 Menschen gelten in Deutschland als rechtsextrem, so Mischke, "die rechte Szene versteckt sich nicht mehr". Er wollte nicht nur über Rechte, sondern auch mit ihnen reden, sagt er in der Doku. Um zu verstehen, was sie antreibt und woher diese Sehnsucht nach rechts kommt. Mischke: "Wir müssen hinschauen."

Mitte September ließen wie berichtet Joko & Klaas einen Flüchtling über die Lage auf der griechischen Insel Lesbos erzählen, auch das fand zur besten Sendezeit im Hauptabend auf ProSieben statt. (red, 29.9.2020)