Dieta Eders Empfehlungen:

Café Bacco, Margaretenstraße 25, 1040 Wien

Restaurant und Weinbar Bolena, Lange Gasse 61, 1080 Wien

Café Engländer, Postgasse 2, 1010 Wien

Foto: Heribert Corn www.corn.at

War früher alles besser? Wie läuft es seit Ende des Lockdowns? Wie haben sich die Gäste verändert, und wie steht es um Wien? Wie haben drei Gastronomen befragt, die seit Jahrzehnten ein Lokal betreiben. Lokaltipps gaben sie auch.

"Wir waren wohl das verrauchteste Lokal von ganz Wien. Zumindest gehörten wir zu den Top Ten. Als das Rauchverbot kam, war das ein unsagbar großer Einbruch. Vor allem, weil in anderen Lokalen noch geraucht werden durfte. Bei uns war aber ein abgetrennter Raucherbereich nicht realisierbar. Ich sah das Gesetz als unglaubliche Bevormundung.

Das ist jetzt schon ein Weilchen her, ich denke nicht, dass ich das Amacord wieder zum Raucherlokal machen würde – selbst wenn ich dürfte. Corona war natürlich auch ein dramatischer Einschnitt für uns, und ich kann nicht sagen, dass wir uns schon davon erholt hätten.

Als wir wieder aufsperren durften, erwirtschafteten wir – wenn überhaupt – vielleicht 50 Prozent des vorigen Umsatzes. Doch der Sommer läuft heuer besser als in anderen Jahren, weil einfach mehr Menschen in der Stadt geblieben sind.

Als ich vor 33 Jahren aufsperrte, galt die Gegend hier beim Naschmarkt als ein bisschen anrüchig. Es wurde mir davon abgeraten, an diesem Ort ein Lokal zu eröffnen. Es war alles andere als schick. Mir hat’s hier aber immer gefallen.

Es gab damals viel weniger Angebot, was die Zahl und Art von Lokalen betrifft. Somit war auch die Konkurrenz überschaubar. Wir waren von Anfang an ein Lokal mit sehr viel persönlicher, fast familiärer und lässiger Atmosphäre. Heute denken viele Gastronomen in erster Linie an das, was reinkommen muss, wie sie sich organisieren und Dinge optimieren.

Naschmarkt wurde zerstört

Die Entwicklung des Naschmarkts empfand ich zu Beginn als sehr positiv, aber irgendwann war Schluss mit der Euphorie, da sie den Markt zerstört haben. Früher hatten wir viele Gäste, die nach dem Einkaufen zu uns kamen. Die sind auch weggefallen. Wer kauft heute dort noch ein? Jedenfalls nicht unser Publikum.

Dabei hat sich Wien an und für sich in all den Jahren sehr positiv verändert. Es ist viel offener, moderner und freundlicher geworden. Natürlich gibt’s Dinge, die nicht ganz so gut passen, aber unterm Strich bin ich sehr zufrieden mit der Entwicklung.

Auch die Gäste haben sich über die Jahre verändert. Früher war es viel exzessiver, es wurde viel mehr getrunken. Vielleicht sind die Menschen gescheiter geworden, zumindest die Jungen. Es ist ja nicht unbedingt vernünftig, sich jeden Tag den Lüsten und Genüssen hinzugeben.

Ein Café wie unseres erfordert sehr hohen persönlichen Einsatz. Ohne den funktioniert’s nicht. Das wird sich auch nicht ändern, wenn es weiterhin solche Lokale geben soll. Dabei stellt sich natürlich immer die Frage nach einem Nachfolger, denn eins muss man schon sagen: Das Ganze geht in Richtung Selbstausbeutung.

Die Personalkosten sind extrem hoch, ganz zu schweigen davon, wie schwierig es ist, gutes Personal zu bekommen. Dabei ist mein Beruf ein sehr schöner. Es ist wunderbar, Gastgeberin zu sein, darauf zu schauen, dass sich die Menschen wohlfühlen. Was einen guten Stammgast ausmacht? Er sollte respektvoll sein, liebenswürdig, unterhaltsam, wenn geht, gscheit … halt eine Persönlichkeit.

Den einen Typ Stammgast gibt es nicht. Unterm Strich kann ich es so zusammenfassen: Über all die Jahrzehnte entstand eine intensive Bindung zum Amacord, es ist durchaus mit einem Kind vergleichbar." (Michael Hausenblas, Magazin "Leben in Wien", 1.10.2020)

Anmerkung: Das Gespräch wurde noch vor Ankündigung der Registrierungspflicht in Wiener Lokalen geführt.