Peter Frieses Empfehlungen:

Shiki, Krugerstraße 3, 1010 Wien

Kiang, Grünentorgasse 19/2–3, 1090 Wien

K. u. k. Hofzuckerbäckerei Demel, Kohlmarkt 14, 1010 Wien

Foto: Heribert Corn www.corn.at

War früher alles besser? Wie läuft es seit Ende des Lockdowns? Wie haben sich die Gäste verändert, und wie steht es um Wien? Wie haben drei Gastronomen gefragt, die seit Jahrzehnten ein Lokal betreiben. Lokaltipps haben sie auch gegeben.

"Ich arbeite schon seit 1977 im Kameel, das ich später von meinen Eltern übernommen habe. Zuvor habe ich im Hotel Bristol gelernt. Ich blicke ganz und gar nicht nostalgisch auf diese Zeit zurück. Unterm Strich ist alles besser geworden.

Als ich begann, war das meinem Empfinden nach eine arme Zeit. Man konnte eigentlich nur alles Mögliche reparieren und sich kaum Neuanschaffungen leisten. Das Geld war einfach nicht da, ganz zu schweigen davon, was eine Kaffeemaschine im Vergleich zu heute gekostet hat.

Und dennoch ist es mit der Generation, die damals erwachsen wurde, losgegangen. Bescheidener halt. Der Wein wurde noch aus dem Doppler eingeschenkt. Ein gutes Flascherl aus der Wachau zu trinken war damals etwas Elegantes.

Die Menschen verbrachten damals eine gute Zeit bei uns, und so ist es bis heute geblieben, auch wenn man heute besseren Wein trinkt. Ein weiterer Unterschied zu jenen Tagen ist, dass es heute viel selbstverständlicher ist, auszugehen und sich mehr zu leisten.

Große gesellschaftliche Aufgabe

Die Corona-Krise hat uns, was das betrifft, vieles bewusster gemacht. Vor der Krise sah ich mich in erster Linie als Dienstleister. Die Zeit nach dem Lockdown hat mir klargemacht, wie wenig Leben in einer Stadt ohne Gastronomie noch übrig ist. Und das obwohl die Geschäfte schon wieder geöffnet hatten.

Das führte mir die große gesellschaftliche Aufgabe vor Augen, die die Gastronomie erfüllt. Menschen suchen Menschen. Natürlich darf ich heuer meine Septemberzahlen nicht mit denen des Jahres 2019 vergleichen. Und: Klar fehlen uns die Touristen und die Menschen, die im Homeoffice arbeiten. Dennoch bin ich zuversichtlich.

Man sollte sich momentan keine Fehler erlauben. Das reicht von der Personalpolitik bis hin zu Investitionen, die man in normalen Zeiten getätigt hätte. Wir müssen viel mehr überlegen. Es kann ja auch jederzeit wieder zu einer Schließung kommen. Zu den Unterstützungen der Regierung oder der Stadt kann man stehen, wie man will, aber unterm Strich sind sie eine Hilfe. Basta.

Wien hat sich in all den Jahren unglaublich entwickelt, Helmut Zilk, einer unserer Stammgäste, hat das zum Beispiel schon viel früher erkannt. Ich kann mich erinnern, als noch Busse über die Kärntner Straße gefahren sind. Das wäre aus heutiger Sicht undenkbar.

Die Entwicklung kam auch unserem Lokal zugute, wir konnten ein Stück weit erweitern. Es mag schon sein, dass der Schanigarten manchen ein bisschen zu groß geraten ist. Aber die meisten Menschen wollen einfach gerne draußen sitzen. Das war früher anders.

Aber nicht nur das: Manche Teile der Innenstadt sind mittlerweile derart voll, dass es keinen Spaß mehr macht, zu flanieren oder sich irgendwo hinzusetzen. Ich sehe hier die Corona-Krise durchaus als Chance, als eine Möglichkeit, sich stärker auf Qualitätstourismus zu konzentrieren.

Das betrifft auch die internationalen Luxuskonzerne. Bei einer Handtasche um 5.000 Euro liegt die Wertschöpfung niedriger als bei einem kleinen Braunen bei uns im Kameel. Die Umsatzsteuer wird zurückgegeben, die Tasche kommt weiß Gott woher und versteuert sicher nicht in Österreich. Hier muss man sich fragen, was man tun kann, ohne Leute auszuschließen. Aber Touristen, die an einem Tag Prag, Wien und Budapest abklappern, sind sicher keine gute Option." (Michael Hausenblas, Magazin "Leben in Wien", 1.10.2020)

Anmerkung: Das Gespräch wurde noch vor Ankündigung der Registrierungspflicht in Wiener Lokalen geführt. Die weiteren Interviews aus der Reihe mit Toni Buzančić vom Enrico Panigl und Dieta Eder vom Café Amacord erscheinen online in den nächsten Tagen.