Da hat die Gaudi ein Loch.

Foto: Corn

Neulich auf der Wiener Kunstmesse gelangte es zu einer interessanten Performance. Zwischen den Kobeln der diversen Galerien und Künstler begann sich ein junger Mann zu entkleiden, bis er ganz nackt war. Es handelt sich bei der Selbstentblößung in ungewohnter Umgebung bekanntlich um eine konsequente Versinnbildlichung des Menschseins an sich. Wir alle kommen schließlich nackt auf die Welt, bekommen aber irgendwann auch das letzte Hemd angezogen.

Als Sparte der seit den 1960er-Jahren allseits beliebten Performancekunst wird damit allerdings nicht unbedingt Neuland betreten. Zugegeben, in diversen Kulturkreisen kann man mit einer derartigen Aktion mit Sicherheit auch heute noch für einiges Aufsehen sorgen. Nicht zuletzt unterstreicht man mit seiner Nacktheit nicht nur die eigene Verletzlichkeit, sondern auch die Tatsache, dass Kunst eine hochbrisante und gefährliche Sache sein kann. Immerhin wird mit so einer Befreiungsaktion des in Ketten und Untergatte liegenden primären Geschlechtsmerkmals unmittelbar das eigene Wohlergehen, wenn nicht Leben bedroht.

"Freiheit der Kunst"

Bei der Kunstmesse in Wien konnte man beim umstehenden Fachpublikum aufgrund der nackten Fakten allerdings eine gewisse Tendenz zum faden Auge erkennen. Nackter Mann, da schau her, ja, bist du gelähmt ... Wahnsinn ... großes, müdes Yoga-Wow.

Wir abgebrühten Kunstfuzzis haben das schließlich alle in der Vergangenheit schon radikaler und auf höherem Niveau erlebt. Man geht ja auch alle Schaltjahre ins Tanztheater. Zur Verdeutlichung der Situation: Am FKK-Strand kräht auch kein Hahn danach, wenn jemand eine Badehose trägt und das als performativen Akt bezeichnet. Ja, mei.

Der junge Mann wurde jedenfalls sehr rasch und konsequent des Gebäudes verwiesen. Da half auch kein Geschrei von wegen "Freiheit der Kunst". Er war bei seinem Striptease dann doch zu nassforsch vorgegangen. Zumpferl hin oder her, das ist Geschmackssache. Aber dass er entgegen den Sicherheitsbestimmungen auch seine Mund-Nasen-Schutzmaske abgelegt hatte, liebe Freunde, da hat die Gaudi ein Loch! (Christian Schachinger, 30.9.2020)