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Sabah al-Ahmed al-Sabah bei einem Besuch im Weißen Haus im September 2017.

Foto: REUTERS/Kevin Lamarque/File Photo

Wäre der Emir von Kuwait, Sabah al-Ahmad al-Jaber al-Sabah, vor ein paar Jahren verstorben, so wären vielleicht seine Auseinandersetzungen mit dem kuwaitischen Parlament zum politischen Hauptthema eines Nachrufs geworden. Das eindeutig unabhängigste Parlament in der Region, mit 65 Sitzen klein, aber rege, machte dem seit 2006 regierenden Staatsoberhaupt immer wieder zu schaffen – beziehungsweise er dem Parlament, das er aufzulösen pflegte, wenn es der Regierung zu nahe trat, in der stets auch Minister aus dem Herrscherhaus sitzen. Und Parlamentarier, die ihn persönlich kritisierten, konnten schon auch im Gefängnis landen.

Aber in den vergangenen Jahren hat Emir Sabah am Persischen Golf noch ein anderes Profil gewonnen. In seinen letzten Lebensjahren, in denen die Verwerfungen innerhalb des arabischen Golfkooperationsrats und die Spannungen mit dem Iran immer größer wurden, entwickelte er sich zur Vermittlerfigur, der der Ruf der Neutralität anhaftete.

Aus dem Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Emirat Katar hielt er sich einerseits heraus, versuchte aber, auch aktiv Frieden zu stiften. Und die ganz harte Linie gegen den Iran trug er auch nicht mit. Zudem wurde der Staat Kuwait – so der offizielle Name des Emirats – bereits 2016 Austragungsort von UN-geführten Verhandlungen über den Jemen-Krieg, der im Lauf der Zeit zu einem Stellvertreterkonflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran geworden war.

Vermittlerrolle

Kuwait ist ganz bestimmt kein "Leader" am Golf, aber seine konstruktive Rolle unter dem alten Emir gab ihm Gewicht. Dass dieser kein großer persönlicher Fan des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman war, ist bekannt – und er konnte es sich leisten. Die saudische Bully-Politik, die sich unter MbS durchsetzte, rührte ganz bestimmt eine Saite des Herrschers des kleinen Emirats an, das 1990 vom irakischen Nachbarn Saddam Hussein überfallen und als Staat bis zur Befreiung 1991 ausgelöscht worden war. Denn wenn die Saudis mit Katar Schlitten zu fahren versuchen, dann könnte ihnen das auch bei anderen Golfstaaten einfallen.

Auf Kuwait schaute man zuletzt jedoch auch aus einem anderen Grund: Obwohl von der kuwaitischen Führung keine offiziellen Signale kamen, wurde das Land immer wieder als einer der möglichen Kandidaten für eine Normalisierung mit Israel genannt, seit die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain diesen Schritt gesetzt haben. Und zwar von US-Präsident Donald Trump selbst: ob deswegen, weil man wusste, dass der Emir bald sterben wird, sei dahingestellt.

Gesetz gegen Frieden

Es klang fast so, als wüsste Trump, dass mit dem alten Emir bald eine Barriere verschwinden würde. So leicht ist es in Kuwait allerdings nicht. Es gibt ein Gesetz gegen Frieden mit Israel, das theoretisch nur mithilfe des Parlaments aufgehoben werden kann. Praktisch wird das, falls es der neue Emir will, natürlich dennoch zu machen sein.

Der Tod des Emirs kommt noch dazu in einem Moment des großen Generationenumbruchs in den arabischen Staaten am Persischen Golf: Zu Jahresbeginn starb Sultan Qabus bin Said Al Said von Oman; der König von Saudi-Arabien, Salman bin Abdulaziz, ist alt und krank; der Herrscher der Vereinigten Arabischen Emirate, Khalifa bin Zayed, ist amtsunfähig (sein Kronprinz, Mohammed bin Zayed, führt die Geschäfte); und in Bahrain begeht der mächtige Premier, Prinz Khalifa bin Salman Al Khalifa, sein 50-jähriges Amtsjubiläum. Vieles wird sich ändern in den nächsten Jahren.

Ungeplante Nachfolge

Der Emirsposten war Sabah al-Sabah, der am 16. Juni 1929 geboren wurde, eigentlich gar nicht zugedacht. Als am 15. Jänner 2006 Scheich Jaber al-Ahmad al-Sabah, sein Halbbruder, starb, war er seit drei Jahren Premierminister. Auf dem Thron sollte Saad al-Salim al-Sabah folgen: ein Vertreter des Salim-Zweigs der Sabah-Familie, der abwechselnd mit dem Jaber-Zweig zum Zug kommen sollte.

Saad wurde als Emir ausgerufen, wobei sehr rasch klar wurde, dass er aufgrund seiner Demenzerkrankung den Amtseid nicht sprechen würde können. Nach einem kurzen Machtkampf innerhalb der Familie stimmte Saad – oder seine Vertreter – nach zwei Wochen einer Abdankung zu, und die Familie einigte sich auf Scheich Sabah.

Der Salim-Zweig

Dessen designierter Kronprinz ist schon wieder einer aus dem Jaber-Zweig, der Halbbruder des soeben verstorbenen Emirs, Nawaf al-Ahmad al-Jaber al-Sabah. Er ist im Juni 1937 geboren und demnach mit 83 Jahren der älteste Kronprinz der Welt. Spannend wird sein zu sehen, ob nach ihm wieder die Salims auf den Thron kommen oder sich die Jabers endgültig durchgesetzt haben. Spannungen hinter den Kulissen soll es geben.

Zuletzt war Emir Sabah, der nun im 92. Lebensjahr verstarb, schon ziemlich hinfällig. Zu den Orten, an denen er Linderung für seine multiplen Leiden suchte, gehörte im April 2019 auch Salzburg. Überflüssig zu sagen, dass er zu den reichsten der Royals der Welt gehörte – in den meisten Schätzungen lag er in der Liga von Elizabeth II. und der inzwischen abgedankten holländischen Königin Beatrix.

Erwachsene Kinder – von mehreren Müttern – hinterlässt er zuhauf, längst ist auch schon die große Enkelgeneration erwachsen. Wobei es da besonders die weiblichen Mitglieder sind, die es mit Traumhochzeiten in die Klatschspalten schaffen. (Gudrun Harrer, 29.9.2020)